0er-Jahre-Hochzeit «Irgend jemand hat gedacht, ich wäre... jemand anders.»
«Hmmm. Vielleicht haben Sie auch gedacht, sie wäre jemand anders.»
Sogleich hatte Takeshi einen Anfall von Paranoia,
denn er nahm aus irgendeinem Grund an, daß der junge Mann von seiner Exfrau,
der Filmschauspielerin Michiko Yomama, redete, die in letzter Zeit in der Rolle
einer Hebamme der Star der Klamauk-Fernsehserie «Bekloppte Gören» war, einer
japanischen Produktion, die im Augenblick unerklärlicherweise alle amerikanischen
Konkurrenten an die Wand drückte. Wenn es eine Verbindung zwischen dieser mörderischen
Schnepfe im «Haru no Depaato» und Michiko mit ihrem zerbrechlichen Lächeln und
ihrer Begabung zum spurlosen Verschwinden
gab, so konnte Takeshi sie jedenfalls nicht entdecken. Tatsache war, daß sie
während eines klassischen Sechziger-Jahre-LSD-Trips geheiratet hatten, in dessen
Verlauf es für sie zur unumstößlichen Gewißheit geworden war, daß sie sich in
einer anderen Welt gut gekannt hatten. Leider schienen sie in dieser hier darauf
programmiert zu sein, sich unglücklich zu machen. Der eine sah den anderen in
der gegenüberliegenden Ecke eines Raums stehen, und dann starrten sie eine Weile
gedankenverloren vor sich hin, empfanden Übelkeit über ihren Verrat, dachten
an jene tiefe, wunderschöne, unbeschreibliche Gewißheit und fragten sich, warum
ihnen nur ein kurzer Blick darauf vergönnt gewesen war und wo sie nun geblieben
sein mochte. Nach ein paar Jahren zog Takeshi aus. Michiko ging nach Los Angeles.
Die Kinder hatten inzwischen sichere Positionen in verschiedenen Firmen. Takeshi
und Michiko hielten noch immer eine zarte, freundschaftliche Verbindung aufrecht:
Hin und wieder schaute er, wenn er durch Los Angeles kamj bei ihr vorbei. «Nein»,
entgegnete er auf die Spekulation seines Nachbarn, «in der fraglichen Situation
hab ich nur ans Vögeln gedacht.» -
Thomas Pynchon, Vineland. Reinbek bei Hamburg 2015
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