unterziehen  Auf der anderen Seite blieb es still. Nur höchstens ein- oder zweimal am Tag wurde die schwere Tür halb geöffnet; es huschte dann ein altes Weiblein hervor, mit gebeugtem Rücken und spitzem Kinn; das Kleid war ihr zu eng und sie trug einen gewaltigen Korb unterm Arm, während sie ihre Faust an die Brust preßte.

Das Aussehen dieser Alten beschäftigte mich immer wieder - ihre kleinen grünen Augen, ihre dürre, spitze Nase, die großen Muster ihres Umschlagetuchs, das bestimmt schon hundert Jahre alt war, das Lächeln, das sich in ihre Wangen eingegraben hatte und die Spitzen ihrer Haube, die ihr bis tief in die Stirn hingen - das alles kam mir so seltsam vor und interessierte mich. Ich war neugierig zu erfahren, was diese alte Frau da wohl in dem großen, verlassenen Haus machen mochte.

Ich glaubte dort ein Dasein vermuten zu können, das ganz der Mildtätigkeit und den frommen Gedanken gewidmet war. Aber als ich eines Tages auf der Straße stehengeblieben war, um ihr mit dem Blick zu folgen, drehte sie sich plötzlich um und sah mich mit einem so greulichen Gesichtsausdruck an, das ich ihn nicht beschreiben könnte. Sie schnitt mir ein paar abscheuliche Grimassen und ließ dann ihren wackligen Kopf wieder heruntersinken, während sie ihr Tuch, das halb auf dem Boden schleifte, zusammenraffte und langsam auf die schwere Tür zuging, hinter der ich sie verschwinden sah.

»Die Alte ist verrückt«, so sagte ich mir, noch ganz verblüfft, »verrückt, bösartig und schlau. Guter Gott, wie konnte ich mich nur für sie interessieren. Aber ihre Fratze möchte ich dennoch wiedersehen.«

Aber diese wenig seriösen Überlegungen konnten mich nicht ganz beruhigen. Überall verfolgte mich der schreckliche Blick der alten Frau, und mehr als einmal überlief mich ein kalter Schauder, wenn ich die steile Leiter zu meiner Behausung hochkletterte und irgendwo hängenblieb; da bildete ich mir ein, die Alte zöge an meinen Rockschößen, um mich in die Tiefe hinabstürzen zu lassen. - Erckmann-Chatrian, Das unsichtbare Auge oder Die Herberge der Gehenkten. Frankfurt am Main 1979. In: Das unsichtbare Auge. Eine Sammlung von Phantomen und anderen unheimlichen Erscheinungen.  (st 477, zuerst 1862)

Runterziehen (2)

Runterziehen (3)  Es zieht ganz schön herunter, wenn man nur ein simulierter Naturwissenschaftler ist, der versucht, den Lauf der simulierten Welt zu verstehen: Alles könnte ohne Grund passieren. Es ist kein Wunder, dass simulierte Welten bei den Naturwissenschaftlern nicht beliebt sind.   - (bar2)

Runterziehen (4)  

- N. N.

 

Fallen

 

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