Ruhelosigkeit   Die überzeugendsten Analytiker der Ruhelosigkeit waren oft Männer, die aus dem einen oder anderen Grund in ihrer Bewegungsfreiheit gehindert waren: Pascal durch Magenleiden und Migränen, Baudelaire durch Drogen, der heilige Johannes vom Kreuz durch die Gitter seiner Zelle. Es gibt französische Kritiker, die behaupten, daß Proust, der Eremit in seinem mit Kork ausgeschlagenen Zimmer, der größte der literarischen Reisenden war.  - (chatw)

Ruhelosigkeit (2)  Eine kleine Reise machten die restlichen Ritter mit Kopf, gefolgt von! den Englischen ohne Banner, den Hanauern mit dem Banner und den! Gewaffneten von Ragnit ins wegelose Litauen. Herzog Kynstute gluckerte in den Mooren. Unter Riegenfarnen meckerte seine Tochter. Über all unkte es und ließ Pferde straucheln. Am Ende war Potrimpos immer noch nicht begraben; Perkunos wollte nicht brennen; und ungeblendet] schaute Pikollos weiterhin von unten nach oben. Ach! Einen Film hätten sie drehen sollen. Waren ja Komparsen genug da, und Natur diel Menge. Zwölfhundert Beinschienen, Armbrüste, Brustharnische, faulende Halbstiefel, zerkautes Zaumzeug, siebzig Ballen Steifleinen, zwölf Tintenfässer, zwanzigtausend Fackeln, Talglichte, Pferdestriegel, Rollen, Packzwirn, Stangen, Süßholz - Kaugummi des vierzehnten Jahrhunderts - rußige Schwertreger, Koppeln Hunde, Deutschherren beim Brettspiel, Harfner Gaukler Lasttiertreiber, Gallonen Gerstenbier, Bündel] Wimpel, Pfeile, Lanzen und Bratenwender für Simon Bache, Erik Cruse, Claus Schone, Richard Westrall, Spannerle, Tylman und Robert Wendell beim Brückenschlag, Übergang, im Hinterhalt, Dauerregen: Bünde« Blitze, Eichen splittern, Rosse scheuen, Eulen äugen, Füchse wechseln, Pfeile sirren: Deutschherren werden nervös; und im Erlengebüsch ruft die blinde Seherin «Wela! Wela!» Zurück zurück... aber erst im Juli drauf sahen sie wieder jenes Flußchen, das heute noch der Dichter Bobrowski dunkel besingt. Die Szeszupe floß klar und klingelte sich über Ufersteine. Auch alte Bekannte die Menge: saßen da die zwölf kopflosen Nonnen, hielten links ihre Köpfe im Schleier und schöpften mit rechter Hand das Wasser der Szeszupe auf heiße Gesichter. Im Hintergrund standen mürrisch die kopflosen Ritter und wollten sich nicht abkühlen. Da beschlossen die restlichen Ritter, sich mit den bereits kopflosen gemein zu machen. Nahe Ragnit hoben sie sich Häupter und Helme gegenseitig und gleichzeitig ab, spannten ihre Pferde vor vier grobe Fuhrwerke und fuhren mit Rappen und Schimmeln durchs bekehrte wie unbekehrte Land. Sie erhöhten Potrimpos, ließen den Christ fallen, blendeten abermals Pikollos vergeblich und nahmen wieder das Kreuz auf. In Gasthöfen, Kapellen und Mühlen stiegen sie ab, kamen mit Kurzweil durch die Jahrhunderte: erschreckten Polen, Hussiten und Schweden, sie waren bei Zorndorf dabei, als Seydlitz mit seinen Schwadronen über den Zabern-Grund setzte und fanden, als der Korse eilig zurückmußte, vier herrenlose Kutschen auf seinem Weg. Die tauschten sie gegen Kreuzritterfuhrwerke und waren in gefederten Kutschen Zeugen der zweiten Schlacht bei Tannenberg, die genau so wenig wie die erste bei Tannenberg stattfand. Inmitten der heillosen Reiterhaufen Budjonnys konnten sie gerade noch wenden, als Pilsudski, mit Hilfe der Jungfrau Maria, im Weichselbogen siegte; und pendelten während der Jahre, da Amsel Vogelscheuchen baute und zum Verkauf anbot, ruhelos zwischen Tapiau und Neuteich. Zwölf und zwölf hatten vor, so lange ruhelos zu bleiben, bis ihnen Erlösung zuteil wurde und jeder sein Haupt oder jeder Rumpf jedes Haupt tragen konnte. - (hundej)

 
 

Ruhe Mangel

 

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Verwandte Begriffe
Bewegungsdrang

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