otznase Außer
dem Dienstmädchen saß in der Küche noch die Rotznase
Kikin, ein Melder aus dem Stab unseres Batjko Machno. Im Stab galt er als Hanswurst,
und es kostete ihn nichts, im unpassendsten Augenblick auf den Händen zu laufen.
Schon oft hatte ich ihn vor dem Spiegel angetroffen. Das eine Bein im zerschlissenen
Hosenbein angewinkelt, zwinkerte er sich selber zu, klopfte sich mit der Hand
den nackten Knabenbauch, sang Kampflieder und zog siegreiche Grimassen, über
die er sich selbst halbtot lachen konnte. Dieser Junge hatte eine äußerst lebhafte
Phantasie. Heute traf ich ihn wieder bei einer besonderen Arbeit an — er klebte
an einen deutschen Stahlhelm Streifen goldenen Stanniolpapiers.
— Wieviele hast du gestern drübergelassen, Ruchlja? — sagte er und betrachtete, die Brauen gerunzelt, seinen verzierten Helm.
Das Mädchen schwieg.
— Sechs hast du drübergelassen, — fuhr der Junge fort, — und es gibt Weiber, die schaffen bis zu zwanzig Mann. Unsre Brüder haben in Krapivno eine Bäuerin gekauft, die haben sie gefickt, bis sie selber nicht mehr konnten, aber die war kräftiger als du ...
— Bring mir Wasser, — sagte das Mädchen. Kikin brachte einen Eimer Wasser
vom Hof. Dann trat er, mit den nackten Füßen scharrend, vor den Spiegel, stülpte
sich den Helm mit den goldenen Bändern über und betrachtete aufmerksam sein
Spiegelbild. Der Anblick gefiel ihm. Die Finger in die Nasenlöcher
gesteckt, verfolgte der Junge selbstvergessen, wie sich durch den Druck von
innen die Form seiner Nase veränderte. - Isaak Babel, Die Reiterarmee. Berlin
1994 (Friedenauer Presse, neu übs. von Peter Urban - zuerst 1926)
Rotznase (2)
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