omanfiguren
WIR: Was sollen wir denken von einem Romantheaterschreiber,
wenn er teils sich uns zuteilen läßt, von wem auch immer (sollte es sonst noch
außer ihm einen geben, der ausgibt?), um dann anderenteils uns, wie er sagt:
zu zeugen, und wie? Ein Skandal. Woraus? Hirngezeuge, um nicht von Aftergeburten
zu reden. Der ist doch wahllos installiert, selber: wie er uns selber herausläßt
so einfach so raus und hierher, von selber und ganz und gar aus gar nichts,
bitte: Wie man da dann auch sein soll: so hierhin und besonders daher: auf diesem
Platz. Also jeder von uns hält da etwas ganz etwas anderes für seinen Ausgangspunkt.
Wehe uns, wenn man nur wieder sein muß, um nach vorne zurück wieder ganz zu
sich selber zu werden. Das mit der Erfindung! Das mag er ja ernst meinen: aber
das Fleisch. Der Tod ist doch auch eine ernstzunehmende
Sache. Da heitert er uns gar nicht auf! - Wir lieben ihn ja, mehr bestimmt als
er sich selbst, und so sehr, daß wir uns emanzipieren
vor ihm mit der Drohung: Jetzt hab dich nicht so. Komm allein mit dir aus, wie
wir mit unsereinem, wie du wissen sollst: ohne Tränen, ohne Blut; kein Mitleid
von uns mit uns. Was du dir gar nicht ausdenkst (sagen wir zu ihm!): Ohne dich
verderben wir heiter in der Gewißheit von deinem Fehler am Sterbeort. Vielleicht
wirst du jetzt außer dir geraten, wenn du das liest? Dann ist er bei uns, sagen
wir uns. Diese Welt ist buchstabentreu traurig und das Ende
ist immer der springende Punkt. Punkte. Die
Sterne. Der Schmerz. Die Schmerzen. Die Freude
darüber. Sentiment. Nichts. Alles. Wörter, wie
wir. Die mit uns vollbrachte Täuschung des
vor dem Allem zerspringenden Vielen. - Paul Wühr, Das falsche Buch. Frankfurt am Main
1985
|
||
|
|
|