omancier   Paul Carl Wilhelm Scheerbart wurde als elftes eheliches Kind des Zimmermeisters Karl Eduard Scheerbart zu Danzig in Westpreussen am 8. Januar 1863 nach Christi Geburt geboren und wollte in seiner frühesten Jugend zuerst Droschkenkutscher werden - dann Seekadet - dann Baumeister - und schliesslich Missionar der christlichen Religion. Die letztere Absicht hielt bis ins achtzehnte Lebensjahr des Dichters vor und ward erst von der Philosophie verdrängt. Nachdem diese als resultatscheuer Luxus erkannt war, sollte Volksbeglückung durch die Nationalökonomik erfolgen. Danach kam im Jahre 1884 der Übergang zur Kunst, die mit einer Leidenschaft für die Orientalistik die erste farbenfreudige Basis erhielt. Von 1885 -1900 lebte der Dichter mit kurzen Unterbrechungen in Berlin, seit Herbst 1900 in Breege auf Rügen. 1889 erschien »Das Paradies, die Heimat der Kunst«, 1892 wurde von dem Dichter »der Verlag deutscher Phantasten« gegründet, in dem das »Paradies« noch mal und gleichzeitig das erste Heft des Wunderfabelbuches: »Ja, was  möchten wir nicht Alles!« herauskan (1893). Dann folgten: »Tarub, Bagdads berühmte Köchin«, arabischer Kulturroman (1897), »Ich liebe dich!«, ein Eisenbahnroman mit 66 Intermezzos (1897), »Der Tod der Barmekiden«, arabischer Haremsroman (1897), »Na prost!«, phantastischer Königsroman (1898), »Rakkox, der Billionär«, ein Protzenroman - und »Die wilde Jagd«, ein Entwicklungsroman in acht anderen Geschichten (1900), »Liwuna und Kaidoh«, ein Seelenroman (1901), »Kometentanz«, eine astrale Pantomime (1901), »Die Seeschlange«, ein Seeroman (1901), »Die grosse Revolution«, ein Mondroman (1901) - Paul Scheerbart, Gesammelte Werke Bd. 10.1.  Bellheim 1995 (zuerst 1901)

Romancier (2) Heydenreich, Joh. Heinr. Chstn. Gust., deutscher Romanschriftsteller zu Beginn des 19. Jahrhunderts, der auch unter dem Pseudonym Gustav Schmidt mehrere sehr liederliche Ehebruchs- und Dirnenromane, die mit den üppigsten Szenen angefüllt sind, verfaßte. Wir nennen vor allem: »Amors Larven und Spielereien, ein Dornstich für erwachsene Kinder. 2 Tle. Ronneburg 1806, 8°« (auch unter dem Titel: »Bilder der Vergangenheit« und »Sieben Louisd'or und eine Alkoventhür«) und unter dem Pseudonym Gust. Schmidt »Egwia oder Buhlersinn und Mannesfluch. Leipzig 1808, 8°«, welcher Roman auch als »Florchens Vorübungen. In Althings Manier. Giessen o. J. (1818), 8°«, erschien. - (erot)

Romancier (3)

Der Romanschriftsteller.

Graugelb ist sein Gesicht. Die Nase
steigt klippenspitz empor. Die Augen liegen fleckig
mißtrauisch von den Wimpern tief beschattet,
geduckt zum Sprung wie Panther in der Höhlung.
Der rechte Arm mit der Zigarre steht
steif wie ein Schwert, als wolle er damit
sich von den andern sondern, die ihm widerwärtig
und dennoch so sympathisch sind.
Schlägt er die Asche ab,so fällt wie Hohn sie aufs Gespräch.
Ein kurzes „Ja“, ein scharfes „Nein“
wirft er zuweilen in die Unterhaltung.
Mit diesem spitzen „Ja“ und „Nein“
spießt er die Leute wie auf Nadeln auf
und nimmt sie mit nach Hause
für seine Käfersammlung.
– – – Schlägt man das nächste Buch des Dichters auf.
O Gott! Schon ist man selber drin verzeichnet
und wer sich in gerechter Selbsterkenntnis
für ein libellenähnlich’ Wesen hielt,
der findet sich erstaunt als Mistbock wieder.

- Klabund

Romancier (4)  Elena saß auf der Bettkante, sah ihr fasziniert zu, und als die Mutter sich schließlich an sie erinnerte, sagte sie so schmeichlerisch wie möglich:

»Und wie geht es Tante Agatina?«

»Wie soll es ihm gehn, diesem Trampel? Sie frißt, schläft und betet den Rosenkranz ... und gibt so lange Fürze von sich, daß man denkt, sie erzählt einen Roman.«   

Sie deutete mit ihrem Stock auf das Stück Wand neben dem Fenster, als stünde ihre alte Schwägerin dort in der Ecke. »Dein Vater, du weißt schon, dieser Wachtmeister mit dem Sarazenenbart ... er furzte auf die gleiche Weise. Anschließend seufzte er zufrieden und sagte: ›Pardon!‹ Ich habe zu dem Trampel gesagt: ›Sag wenigstens Pardon.‹ Weißt du, was sie geantwortet hat? ›Das ist eine Gottesgabe! Sehr gesund!‹« - Giuseppe Fava, Ehrenwerte Leute. Zürich 2003 (zuerst 1975)

Romancier (5)  Zu meiner Rechten saß eine Romanschriftstellerin. Sie erklärte, Einsamkeit sei das einzige Thema, über das zu schreiben sich lohne. Sie erzählte die Geschichte eines international berühmten Violinisten, der eines Nachts während einer Tournee in ein Motel im mittleren Westen geriet. Die Geschichte drehte sich um das Bett, die Geige und das Holzbein des Violinisten. - (pat)

Romancier (6)  

Romancier (7)

Romancier (8)  Ich habe noch das Ende eines Kapitels zu schreiben, 2. das Kapitel XIV und 3. das Kapitel XV, das sehr kurz sein wird. Ich hoffe im Laufe des Januars davon befreit zu sein, und ich sage Ihnen mit aller Schamlosigkeit, daß ich mich mit großer Heftigkeit nach dieser Epoche sehne, ich kann nicht mehr! die Belagerung Karthagos, die ich jetzt beende, hat mich fertiggemacht, die Kriegsmaschinen quälen mich! Ich schwitze Blut, ich pisse kochendes Öl, ich scheiße Katapulte, ich rülpse Schleuderkugeln. Das ist mein Zustand.

Und dann fange ich schon jetzt an, all der Dummheiten müde zu werden, die man über dieses Buch sagen wird, es sei denn, es fiele vollkommen unter den Tisch, was möglich ist. Denn wo soll man die Leute finden, die sich für all das interessieren?

Meine Absichten sind im übrigen lobenswert. So ist es mir zum Beispiel gelungen, im selben Kapitel nacheinander einen Scheißeregen (jawohl!) und eine Prozession von Päderasten herbeizuführen. Dabei lasse ich es bewenden! Sollte ich zu zurückhaltend sein?  - Flaubert an Jules de Goncourt, nach (flb)

Romancier (9)  »Schade«, sagte Joyce, und seine Worte schien er mehr nach ihrem Alter als nach ihrer Triftigkeit zu wählen, »schade, daß das Publikum meinem Buch eine Moral abverlangen und sie darin auch finden wird; man wird es ernst nehmen, je ernster, desto schlimmer, denn bei meinem Ehrenwort, es steht keine ernsthafte Zeile darin.« Einen Augenblick trat Schweigen ein. Seine Hände, eigentümlich schlaff bei der Begrüßung und eigentümlich teigig, von den schmalen Gelenken zu einer überraschenden Dicklichkeit anschwellend, lagen, die eine um den Stil des Glases, die andere vergessen, nach außen gewendet, auf der herrlichsten Weste, die ich je zu erblicken das Glück hatte. Auf einem purpurroten Stoff wechselten Reh- und Hundeköpfe einander ab. Den Rehen, gestickt mit einer leichten Wolle, hingen winzige, scharlachrote Flaumzungen über helle Unterlippen aus dem Maul, und die Hunde waren so wenig bissige Spürnasen wie jedes andere brave Tier, das seinem Herrn die sieben Menschenalter lang nachtrottet. Er bemerkte meine Bewunderung und lächelte: »Meine Großmutter hat sie eigenhändig genäht für die Eröffnung der Jagdsaison.« Erneut trat Stille ein, während der er eine Zigarre vorbereitete und anzündete. »Alle großen Plauderer«, sagte er leise, »haben die Sprache Sternes, Swifts und der Zeit des Rokoko gesprochen.

Sogar Oscar Wilde. Er studierte das Rokoko des Morgens unter dem Mikroskop und gab es am Abend durch das Fernglas wieder.« »Und im Ulysses?« fragte ich.

»Dort finden sie sich alle wieder ein«, antwortete er, »die großen Plauderer. Im Ulysses habe ich festgehalten, gleichzeitig festgehalten,   was   cm   Mensch   sagt,   sieht, denkt, und was dieses Sehen, Denken und Sagen dem antut, was ihr Freudianer  das  Unbewußte  nennt. Aber was die Psychoanalyse angeht«, brach er ab, »so ist sie nicht mehr und nicht weniger als eine Erpressung.«   - (barn)

Romancier (10)   Ich mache mir die Worte Emers zu eigen, der die Aufgabe eines Romanciers wie folgt definiert (lesen Sie vergleichsweise die eines Filmemachers): »Der Romancier hat seine Aufgabe dann ehrenvoll erfüllt, wenn er mittels der Darstellung authentischer sozialer Beziehungen die konventionellen Funktionen über die Natur dieser Beziehungen zerstört, den Optimismus der bürgerlichen Welt bricht und den Leser zwingt, an der Ewigkeit der bestehenden Ordnung zu zweifeln, auch wenn er uns nicht direkt eine Lösung zeigt, auch wenn er nicht offensichtlich Partei ergreift.«  - Luis Buñuel, nach (bun)
 

 

Roman Erzähler

 

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