Ritter vom Gewerbe   . Er richtete sich in einem Haus mit gutem Namen ein, stellte Schreiber und Gehilfen an, ließ Kaufleute kommen, doch ihre Offerten schienen ihm vorerst wenig zu behagen. Er gab zu verstehen, daß er zwar tatsächlich Stoffe benötige, aber doch bei weitem edlere und kostbarere als das, was man ihm da anbiete.

Am nächsten Tag erschien - wie von ungefähr - der Kammerdiener und Komplice des großen Herrn bei den abgeblitzten Kaufleuten und erzählte Wunderdinge über seinen Brotgeber, sprach vom Kredit, den dieser allenthalben genieße, von seinem gewaltigen Vermögen und seinen ausgedehnten Verbindungen und ließ schließlich durchblicken, daß seine Aufträge schon so manchem Geschäftshaus zu Reichtum verhelfen hätten.

Da es nun allerdings recht ungewöhnlich ist, Diener Gutes über ihre Herren berichten zu hören, trug natürlich auch dies gehörig zur Mehrung des Ansehens unseres falschen Barons bei, und man beeilte sich, ihm neue Offerten zu unterbreiten, schleppte das Beste vom Besten herbei und öffnete ihm sogar sämtliche Lager. Er brauchte nur noch auszuwählen. Und siehe da, nachdem er sich ein bißchen umgesehen hatte, erklärte er sich jetzt plötzlich mit allem einverstanden, weil, wie er sagte, soeben neue Bestellungen bei ihm eingelaufen seien. Freilich könne das Geschäft nur über seine Person abgewickelt werden, da die Auftraggeber weit verstreut im Ausland säßen.

Den Rest besorgten Winkelkrämer und Hehler, die, immer bereit, krumme Geschäfte zu decken und die Spuren des Betruges zu verwischen, den ganzen Warenberg weit unter seinem Preise übernahmen und mit ihm auch die Rolle der bei Gelegenheit erwähnten, in Madrid, Wien, Lissabon, Kopenhagen und in so mancher weiteren stolzen Stadt sitzenden mysteriösen Kundschaft.

Man erwischte ihn. Er wurde ausgepeitscht, gebrandmarkt, während drei aufeinanderfolgenden Tagen an den Pranger gestellt und für neun Jahre auf die Galeeren geschickt. Seinen Kammerdiener zwang man, der Exekution beizuwohnen. Anschließend verbrannte man ihn.

Die meisten dieser listenreichen, mit allen Wassern gewaschenen Gauner mögen klingende Titel und treten mit Vorliebe als Grafen, Marquis, Barone und am häufigsten als Ritter, auf. Daher der Brauch, dunkle Existenzen als Ritter vom Gewerbe zu bezeichnen.   - Louis Sébastien Mercier, Mein Bild von Paris. Frankfurt am Main 1979 (zuerst ca. 1780)

Ritter Gewerbe


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