iesenglaube Außer dem fernöstlichen Riesen Polidasso und Rinaldo war noch ein in Tränen aufgelöster Ritter dabei, der schon seit einiger Zeit weinte, weil ihn seine Dame verlassen hatte; während dieser Ritter seinen Kummer erzählt und wie seine Dame ihn geschmäht und beschimpft hat, erhebt er plötzlich seinen Kopf, als wollte er in die Sonne schauen, darauf seufzt er dreimal tief und fällt tot um; das sind die Symptome eines Schlaganfalls. Die Liebe kann auch zu einem Schlaganfall führen. Rinaldo eilt zu ihm, versucht die Erste Hilfe. Nichts zu machen. Das Leben hat ihn schon verlassen, und auch seine Seele, schwierig, sie wieder zurückzuholen.
»Der Arme«, sagt Rinaldo.
Der Riese Polidasso jedoch, der sich zwar zu den christlichen Werten bekehrt
hat, aber noch keine kirchliche Unterweisung genossen hat und deswegen zu Vereinfachungen
neigt (er kennt die Regeln nicht, wie die Letzte Ölung und was man hinterher
macht, und tendiert zu einem instinktiven, ungestümen Christentum), Polidasso
also sagt, der Arme verdiene das Paradies (wovon wir schon sprachen). Er packt
den Toten an einem Fuß, lässt ihn rotieren und zieht ihn hoch, so hoch, dass
der heilige Petrus ihn ankommen sieht und sich wundert, deshalb kommt er nicht
dazu, das Himmelstor rechtzeitig zu schließen. Da es sich aber trotz allem um
einen rechtswidrigen Eintritt handelt, den es zu unterbinden gilt, streckt er
dann seine Hand aus und schickt ihn wieder nach unten. Die Geschichte ist noch
nicht zu Ende: Dieser Ritter war mit einer eisernen Rüstung bekleidet und fällt
in eine Gegend mit Magnetit, das heißt mit Felsen, die elektromagnetisch geladen
sind (solche gibt es tatsächlich in der anatolischen Hochebene), da diese aber
dieselbe Polarität haben, stoßen sie ihn ab (was vom wissenschaftlichen Standpunkt
aus nicht ganz klar ist). Deswegen schwebt der
Ritter von da an in der Luft, und noch heute sagen die Türken,
das ist Mohammed. Wenn man zu der Stelle kommt,
kann man ihn immer noch sehen, sagt Antonio Legname. Und das als Folge des allzu
heftigen Glaubens jenes Polidasso. - Ermanno Cavazzoni, Das kleine Buch der Riesen. Berlin
2010
|
||
|
|
|