- ddp, nach: Berliner Zeitung vom 22. September 2006
Richtung, falsche (2) Es bewegt sich im Lager der Angreifer etwas auffallend Großes. Es ist ein hünenhafter Krieger, der Anlauf nimmt und mitten durch den Graben am Fuß der Mauer stürmt, so daß Wasser und Schlamm aufspritzen. Es scheint, als schlüge er mit dem Kopf an die Mauer, doch nein: sein Lauf ist so rasant, daß er senkrecht die Mauer hinaufstürmt, bis er oben zwischen den Zinnen erscheint. Schon kreist sein Schwert inmitten der fränkischen Scharen, die zusammengeströmt sind, um ihn aufzuhalten, und jeder Streich läßt einen Wirbel von abgehauenen Köpfen und Armen und Ohren und Füßen und anderen Christengliedern zum Himmel aufstieben.
Das ist Rodomonte, der König von Algier und Sarza. Er trägt eine Rüstung
aus Drachenschuppen, die einst seinem Ahnen Nimrod gehörte, dem mit dem Turm
zu Babel, einem ebenso wüsten Gotteslästerer wie er. Er schwenkt eine Fahne,
auf der ein Fräulein zu sehen ist, das einen Löwen
an der Leine hält: Der Löwe soll ihn selbst darstellen und das Fräulein seine
Verlobte, Doralise von Granada, die sich auf dem Weg zu ihm befindet. Rodomont
hat es eilig, Paris einzunehmen, denn er erwartet jeden Moment die Ankunft seiner
schönen Braut - er weiß ja noch nicht, daß Doralise von dem Tatarenkönig Mandricard
entführt worden ist und sich, schlimmer noch, keineswegs darüber grämt. - (
rol
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