In einer Schrift aus dem Jahr 1887 beweist Lombroso, daß in der Antike die größte Anzahl von Revolutionen im Juli verzeichnet wird und die niedrigste im November. In Rom und Byzanz fallen von 88 Revolutionen 11 auf den April und 10 auf März, Juni, Juli und August. Aus diesen Daten geht hervor, daß in den warmen Monaten die Revolutionen zahlreicher sind als in den kalten. Im Mittelalter ereigneten sich die Revolutionen im Hochsommer, in den späteren Zeiten, von 1550 bis 1791, finden wir 10 im Frühling, 14 im Sommer, 3 im Herbst und 4 im Winter; von 1791 bis 1880 gab es 495 Revolutionen in Europa, 83 in Amerika, 33 in Asien, 20 in Afrika und in Ozeanien. Was Asien und Afrika betrifft, war er höchste Stand im Juli. In Europa im Juli und im März; in den spanischen Republiken Amerikas im Januar, der dort der heißeste Monat ist.
Deutlich zeigt sich darin, so sagt Lombroso, das ausschließliche Überwiegen des thermischen Faktors. Die Anzahl der Revolutionen steigt nämlich von Norden nach Süden, genauso wie die Wärme von Norden nach Süden zunimmt; so haben wir in Griechenland 95 Revolutionen, das heißt das Maximum; und o,o8 in Rußland, das Minimum; die niedrigsten Quoten sehen wir in den nordischen Regionen wie England und Schottland, in Deutschland, Polen, Schweden, Norwegen und Dänemark; die höchsten in den südlichen Regionen wie Portugal, Spanien, die europäische Türkei, Süd- und Mittelitalien; mittlere Quoten eben in den zentralen Regionen.
Eine bemerkenswerte Ausnahme bildet Irland,
wo die Anzahl an Revolutionen der geografischen Lage entgegengesetzt
ist. Es ist jedoch anzumerken, daß das irische Klima durch die
wohltuende Wärme des Golfstroms ziemlich mild ist. Der Golfstrom
hat eine ähnliche Wirkung auf die Kunst und die aufrührerischen
Bewegungen der Kunst im Lauf der Jahrhunderte. - (cav)
Revolution (2) Im Gegensatz zu den schon erschienenen und noch zu erwartenden Kritiken setzt sich die futuristische Revolution der Kochkunst, wie sie in diesem Band erläutert wird, das hohe, edle und gemeinnützige Ziel, die Ernährung unserer Rasse radikal zu ändern, um diese zu stärken, zu dynamisieren und zu spiritualisieren, und zwar durch ganz neue Speisen, bei denen Erfahrung, Intelligenz und Phantasie so wichtig sein werden wie bei den bisherigen Quantität, Einfallslosigkeit, Wiederholung und Preis.
Diese unsere futuristische Küche, wie der Motor eines Wasserflugzeugs auf hohe Geschwindigkeiten eingestellt, wird manchen zitternden Passatisten verrückt und gefährlich vorkommen: sie will jedoch endlich eine Übereinstimmung zwischen dem Gaumen der Menschen und ihrem Leben heute und morgen schaffen.
Von den sprichwörtlichen Ausnahmen abgesehen, haben sich die Menschen bisher wie Ameisen, Mäuse, Katzen und Ochsen ernährt. Durch uns Futuristen entsteht die erste menschliche Küche, das heißt die Kunst, sich zu ernähren. Wie alle Künste schließt sie das Plagiat aus und verlangt schöpferische Originalität
Nicht zufällig erscheint dieses Werk
gerade in der Weltwirtschaftskrise, deren Entwicklung unklar
scheint, während ihre gefährlich deprimierende Panik klar ist.
Dieser Panik setzen wir eine futuristische Küche entgegen, das
heißt: den Optimismus bei Tisch.
- F. T. Marinetti, Die futuristische Küche. Stuttgart 1983 (zuerst
1932)
Revolution (3) Ich habe hier zwei Wochen
der Verzweiflung erlebt, die kam
von der furchtbaren Grausamkeit, die
hier keinen Augenblick lang aussetzt, und davon, daß ich begriffen
habe, wie untauglich ich für das Werk der Zerstörung
bin, wie schwer es mir fällt, mich vom Alten loszureißen, von
dem, was vielleicht schlecht war, für mich aber nach Poesie gerochen
hat, wie der Bienenstock nach Honig, gehe ich jetzt weg, was
soll sein — die einen werden die Revolution machen, und ich werde,
werde das besingen, was sich abseits befindet, das, was tiefer
sitzt, ich habe gespürt, daß ich das können werde, dafür wird
Zeit sein und auch Raum. - Aus einem Briefentwurf Babels
vom 15. August 1920, nach: Isaak Babel, Die Reiterarmee. Berlin
1994 (Friedenauer Presse, neu übersetzt von Peter Urban - zuerst
1926)
Revolution (4) Sie nimmt den Revolver, den Valerian wieder zusammengesetzt hat. Sie öffnet ihn, schaut in den Lauf, wie um zu prüfen, ob er auch gut gereinigt ist, läßt die Trommel rotieren, schiebt eine Patrone in eins der Löcher, spannt den Hahn, läßt die Trommel erneut rotieren und hält sich die Waffe direkt vors Auge. »Sieht aus wie ein Schacht ohne Boden. Man hört den Lockruf des Nichts. Man ist versucht, sich hineinzustürzen, hinein in das lockende Dunkel ...«
»He, he, mit Waffen spielt man nicht!« fahre ich hoch und strecke die Hand nach ihr aus. Da richtet sie den Revolver auf mich.
»Wieso nicht?« sagt sie. »Die Männer dürfen's, wir Frauen nicht? Die wahre Revolution kommt erst, wenn wir Frauen die Waffen haben.«
»Und die Männer unbewaffnet bleiben? Scheint dir das richtig, Genossin? Die Frauen bewaffnet? Wozu?«
»Um euren Platz einzunehmen. Wir oben, ihr unten.« - Italo Calvino, Wenn ein Reisender
in einer Winternacht. München 2007 (Zuerst 1979)
Revolution (5) »Ich weiß, wie eine schwarze
Revolution aussehen würde. ... Vor allen anderen Dingen muß eine Revolution,
die Erfolg haben will, gewalttätig sein; sie muß entschieden gewalttätig sein;
sie muß so gewalttätig sein wie der Krieg in Vietnam. ... Bei jeder Form von
Aufstand ist das Hauptziel, so viele Menschen zu töten, wie man kann, mit welchen
Mitteln auch immer man sie tötet, denn allein die Tatsache, daß sie getötet
werden und in ausreichender Zahl getötet werden, hilft einem, die gesteckten
Ziele zu erreichen.« Himes' Vorstellung von Revolution war eine
Revolution, bei der Gefangene nicht gemacht werden. Weiter sagte er, daß »die
Schwarzen soviel Mitglieder der weißen Gemeinschaft töten, wie sie töten können.
Das bedeutet Kinder, Frauen, erwachsene Männer, Industrielle, Straßenfeger oder
was immer sie sind, solange sie weiß sind. Nur so kann das Ziel erreicht werden
- darüber gibt es keine Diskussion. Es ist sinnlos, irgend etwas anderes zu
tun, und es gibt keinen Grund, sich über Alternativen Gedanken zu machen.« -
Chester Himes, Nachwort zu: C. H., Plan B. Berlin 1994 (Alexander Verlag, zuerst
1993)
Revolution (6)
Revolution (7) Kennen Sie den? Nach dem Umsturz
machen sich zwei Straßenkehrer an ihre Arbeit. Da sagt der eine Arbeiter zum
andern: »Ich habe gemeint, nach der Revolution würden die Herren die Straße
kehren.« Worauf der zweite antwortet: »Aber wir sind doch jetzt die Herren.«
- Hugo Loetscher,
Die Papiere des Immunen. Zürich 1986
Revolution (8) Sie fragen mich nach meiner Meinung über
all das, was sich ereignet hat. Man sieht sehr erheiternde Gesichter. Ich vergnüge
mich höchlichst bei der Betrachtung all der zunichte gewordenen Ambitionen.
Ich weiß nicht, ob die neue Form der Regierung und der gesellschaftliche Zustand,
der daraus hervorgehen wird, für die Kunst günstig ist. Das ist eine Frage.
Man wird kaum bürgerlicher und belangloser sein können. Und noch dümmer - ist
das möglich? - Flaubert an Louise
Colet, März 1848,
nach (
flb
)
Revolution (9)
Revolution (10)
Revolution (11, naturnahe)