Er, Don Juan, empfand eine Scheu vor dieser Macht. Mag sein, daß er einmal
ungenierter gewesen war. Inzwischen jedoch schreckte er längst davor zurück,
die Macht auch auszuüben. Er erzählte mir geradewegs, und gar nicht im Ton eines
Stolzes oder einer Eitelkeit, stellte es eher beiläufig fest, jene Frauen, um
die es gehe und sich drehe, jedenfalls in seiner Geschichte hier, erkennten
in ihm, nicht im ersten Augenblick des Zusammentreffens, vielmehr eben dann
in dem des Erkennens, ihren Herrn. Die anderen Männer
waren gewesen und würden sein, was und wer sie halt waren, und ihn, Don Juan,
betrachteten, ja, betrachteten jene Frauen als ihren Herrn, den alleinigen,
auf immer (ohne »Gebieter«). Und als einen solchen beanspruchten sie ihn, fast
(»fast«) als eine Art Retter. Retter wovor? Einfach Retter. Retten wovor? Einfach
retten. Oder einfach: sie, die Frauen, wegbringen, von hier, hier und hier.
- Peter Handke, Don Juan (erzählt von ihm selbst)
Frankfurt am Main 2006 (st 3739, zuerst 2004)
Retter (2) Er belfert wie eine dogge, er ächzt
wie ein eber, er dröhnt wie ein gorilla; er geifert, sabbert, lechzt, prustet,
jault und blökt; er ist zum tierreich geworden, ein werwolf
in hosenträgern, ein dem mittelalter entsprungener
waldmensch, eine bestie in gestreiftem kammgarn,
eine wildsau im fuffzigmarkhemd - holla! müßte ein beherzter rufen, holla, hier
geht eine unangenehme szene zu weit! Allein der galante retter schläft auf beiden
ohren, weilt im ausland, atmet im gebirge, macht in ferien, döst in freilichtspielen,
mogelt bei freunden im skat, räkelt sich auf hoher see, sitzt betroffen im knast,
schwitzt in entführtem flugzeug, latscht auf exkursionen, verdreht sich den
hals im strandbad, befindet sich überall im bereiche des kreisenden globus,
nur nicht vor dem café, wo der unmensch Nathalie in sieben
verschiedene teile zerlegt! - H.
C. Artmann,
How much, schatzi? Frankfurt am Main 1971
|
||
|
||