- Waschzettel zu: Gustav Sack, Ein verbummelter Student. Stuttgart
1987 (Cotta's Bibliothek der Moderne 60, zuerst ca. 1918)
Resteverwertung (2)
Resteverwertung (3)
Resteverwertung (4) Die Reden unter dem Galgen
und die Geständnisse von in England und in den Kolonien gehängten Piraten
wurden gewöhnlich gedruckt und nach dem Brauch der Zeit in den Tagen nach
der Hinrichtung in hohen Auflagen verkauft. Die wichtigste Quelle solcher
Reden ist eine Zeitschrift des 18. Jahrhunderts mit dem Titel Der Gefängniskaplan
von Newgate; sein Bericht über Aufführung, Beichte und letzte Worte der
zu Tyburn hingerichteten Missetäter. Die meisten Reden stammen von
in Tyburn gehängten Dieben und Mördern, doch finden sich auch die Reden
einiger Piraten darunter. In Boston veröffentlichte
Reverend Cotton Mather die letzten Worte der
Piraten, die in seiner Amtszeit als Pfarrer dort gehängt wurden.
- David Cordingly, Unter Schwarzer Flagge. München 2001 (dtv 30817, zuerst
1995)
Resteverwertung (5) Das ist vollkommener Kommunismus,
der Kommunismus des Schlundes und der Eingeweide, der bis zum Kollektivismus
des Kotfressens getrieben wird. Nichts geht verloren in dieser düsteren und
blühenden Republik der Termiten, in der sich in wirtschaftlicher Hinsicht das
schmutzige Ideal verwirklicht, das uns die Natur darzubieten scheint. Wenn jemand
die Haut wechselt, wird sein abgelegtes Kleid sofort
verschlungen; wenn jemand stirbt, Arbeiter, König, Königin oder Krieger, wird
sein Leichnam im selben Augenblick von den Überlebenden verzehrt. Abfälle gibt
es nicht, das Aufräumen geschieht automatisch und ist immer zweckdienlich, alles
ist verwendbar, nichts bleibt liegen, alles ist eßbar, alles ist Zellulose,
und die Exkremente werden fast unbegrenzt immer wieder ausgenutzt. Das Exkrement
ist übrigens, wenn man so sagen kann, der Urstoff aller Industrie, mit Einschluß
der Ernährungsindustrie, wie wir eben gesehen haben. -
(maet)
Resteverwertung (6) Kaum daß sie ihre Prise von dem Pulver geschnupft hatte, stürzte.eine der Frauen sich auf den Mann, der sie angeboten hatte, und während dieser im Begriff war, den Rest der Schachtel zu schnupfen, packte sie seine Hand, hielt sie fest, brachte sie an ihr Gesicht und sog das Pulver, bebend vor Leidenschaft, ein.
Mit einem heftigen Ruck befreite sich der Mann und atmete wollüstig den Rest ein. Nun nahm die Frau seinen Kopf zwischen ihre Handflächen (oh, diese blutlosen, gekrümmten Finger, wie Krallen auf jenen schwarzen Haaren!), und mit den feuchten, vibrierenden, zuckenden Lippen warf sie sich auf seinen Mund, leckte gierig seine Oberlippe, steckte die Zunge in seine Nasenlöcher, um die wenigen Körnchen, die am Eingang hängengeblieben waren, aufzusammeln.
«Du erstickst mich!» winselte der Mann, den Kopf nach hinten gebeugt, die Arme gegen die Stuhllehne stemmend: die Halsadern waren geschwollen, infolge der unregelmäßigen Schluckbewegungen floß ihm Speichel aus dem Mund.
Die Frau schien eine kleine Bestie, die, bevor sie ihr Opfer zerreißt, den Duft des noch unversehrten Fleisches auskosten will. Einem zierlichen Vampir glich sie: es schien, als hafteten ihre Lippen mittels der saugenden Kraft des einatmenden Mundes fest an dem Gesicht des Mannes.
Als sie sich loslöste, waren ihre Augen verschleiert, wie die einer Katze,
die während des Schlafes sanft die Augen öffnet; und in dem geöffneten Mund
(wie gelähmt schlössen sich die Lippen nicht wieder) grinsten die Zähne, wie
die Zähne der Toten auf der stummen Maske. Die Frau taumelte und setzte sich
auf dem Klavierschemel nieder, ließ ihren Kopf auf den Unterarm und den Unterarm
auf die Tasten fallen. Das Instrument gab ein nachklingendes Geräusch von sich.
- Pitigrilli, Kokain. Reinbek bei Hamburg
1988 (rororo 12225, zuerst 1922)
Resteverwertung (7)
Resteverwertung (8)
Als Richter Di an der hohen Pforte vorbeiging, die den Häuserschacht zwischen
Ostflügel und dem eben verlassenen Gebäude abschloß, blieb er plötzlich stehen.
Er starrte auf eine Hand, deren blutige, gebrochene
Finger die Spitze des Gatters umkrampft hielten. Für einen Augenblick meinte
er, Sun hinge dort auf der anderen Seite und mache einen letzten verzweifelten
Versuch zu entkommen. Aber da stieß ein Geier herab,
pickte die Hand auf und flog damit weg den Bergen zu. -
Robert van Gulik, Nächtlicher Spuk im Mönchskloster. Zürich 1990
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