esozialisierung
(orientalische)
Es wird von einem verwegenen Räuber berichtet,
daß er allein auf Raub auszugehen und den Karawanen den Weg zu verlegen pflegte;
und immer, wenn die Präfekten und die Machthaber ihn zu fassen suchten, floh
er vor ihnen und verschanzte sich in den Bergen. Einst begab es sich, daß ein
Mann die Straße zog, an der jener Räuber lauerte; und dieser Mann war allein,
und er wußte nicht, welche Pein ihm dort bevorstand. Der Räuber aber überfiel
ihn und rief: ,Gib heraus, was du bei dir hast; ich kann dich töten, da gibt
es kein Entrinnen!' Da sprach der Mann: ,Töte mich nicht! Nimm diese Satteltaschen,
teile, was darin ist, und behalte ein Viertel!' Doch der Räuber rief: ,Ich will
nur das Ganze haben!' ,Nimm die Hälfte und laß mich frei!' sprach der Reisende;
aber der Räuber bestand darauf: ,Ich will nur das Ganze haben; und ich will
dich obendrein töten.' Nun sagte der Mann: ,So nimm es denn!' Der Räuber nahm
die Satteltaschen und schickte sich an, den Mann zu töten. Da rief jener: ,Was
ist das? Du hast keine Blutfehde wider mich, so daß du mich töten müßtest!'
Aber der Räuber entgegnete ihm: ,Ich muß dich dennoch umbringen.' Der Reisende
sprang von seinem Pferde und wand sich vor dem Räuber und flehte ihn an und
suchte ihn zu erweichen; doch der hörte nicht auf ihn, sondern warf ihn zu Boden.
In seiner Todesangst rief der Mann: ,O Feldhuhn, leg Zeugnis ab, daß dieser
Mann mich ungerecht und grausam tötet, obgleich ich ihm all mein Gut gegeben
und ihn gebeten habe, mich um meiner Kinder willen freizulassen; das hat er
nicht tun wollen! Sei du mein Zeuge wider ihn; und Allah übersieht nicht die
Missetat der Frevler!' Aber auch um diese Worte kümmerte der Räuber sich nicht;
sondern er hieb auf ihn ein und schlug ihm den Kopf ab. Danach geschah es, daß
die Machthaber sich mit ihm über seine Unterwerfung
einigten; und als er zu ihnen kam, machten sie ihn reich, und der Statthalter
des Sultans nahm sich seiner so an, daß er mit ihm zu essen und zu trinken pflegte.
Lange währte die Freundschaft zwischen ihnen
bei gemeinsamen Mahlen und Gelagen. Doch dann geschah es wundersamerweise, daß
eines Tages, als der Statthalter des Sultans ein Gastmahl gab, auf dem Tische
ein geröstetes Feldhuhn war. - (
1001
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