eparatur   Serten wird von lästigen Hemmungen heimgesucht, trauriges Erbe des zivilisierten Menschen, logische Konsequenz einer falschen Erziehung. Um sich davon zu befreien, hat sich der junge Mann, da es ihm weder an Mitteln noch an Willen gebricht, vertrauensvoll in die Hände der besten Neurochirurgen begeben. Die Neurochirurgen rieten ihm zunächst zur banalsten Maßnahme, nämlich zu einer Serie von Elektroschocks, aber Serten wandte ein, daß eine banale Maßnahme nur Banales zeitigen könne. Außerdem hatte einer seiner Kommilitonen von der Universität nach dem dritten Elektroschock angefangen, mit heraushängender Zunge und am Boden schleifenden Händen herumzulaufen, und die Familie bemühte sich jetzt verzweifelt, ihn wieder gerade zu bekommen, wenn auch die Zunge in jüngster Zeit halbwegs an ihren Platz zurückgekehrt war. Er, Serten, entschied sich daher für eine Lobotomie, eine elegante Operation portugiesischen Ursprungs: Man bohrte ihm ein Loch an der rechten Schläfe und eines an der linken, durch die Öffnungen wurde ein Draht geführt, und der geschickte Chirurg durchtrennte mit zwei raschen Rucken die Verbindungen zwischen dem Thalamus und den Stirnlappen. Das war vor ein paar Jahren; in der Zwischenzeit hat sich die neurochirurgische Technik verändert und vervollkommnet, und auch Serten hat sich verändert und vervollkommnet.

Er ist euphorisch und lustig geworden. Kürzlich schloß er sich bei den Bestattungsfeierlichkeiten für den Palatinischen Kardinal im Auto der Trauerprozession an, mit einem aufgespannten Schirm im Wagen und ohne Hose; zum Glück hat es die Menge, versunken in ihren Schmerz, nicht bemerkt.  - J. Rodolfo Wilcock, Das Stereoskop der Einzelgänger. Freiburg  1995 (zuerst 1972)

Reparatur (2)

 

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