Reigen

  

- N. N.

Reigen (2)  »Wir alle lieben Perrudja«, sagte Kaare und er küßte mich noch einmal vor all den anderen auf den Mund. Und die Tanten kamen und küßten mich. Ich aber mochte den Kuß Kaares lieber. Ich weinte aufs Neue. Es wurde ein Reigen gebilder. Ich wurde an beide Hände gefaßt. Links von mir war Kaare und rechts von mir eine der Tanten. Wir mußten im Kreise umherspringen. Alle waren fröhlich und lachten. Da mußte auch ich lachen. Es wurde Punsch getrunken. Ich aß sehr viel des kleinen Gebäcks. Ich wurde ein wenig betrunken und wollte ein Pferd sein. Ich kroch auf allen Vieren durch die Stube. Es war ein bissiges Pferd. Es biß die Mägde in die Beine. Es war ein Löwenpferd. Kaare wollte dieses Ungeheuer zähmen. Er bestieg es. Er wurde abgeworfen. Das Ungeheuer fraß ihn. Es fand die Sprache auf Augenblicke. Es sagte: »Tiger fressen die Hingeweide am liebsten«, und riß mit seinen Zähnen einen Knopf von Kaares Jacke. Ich wurde des Knopfes halber gescholten. Mir dämmerte, als ob es wegen der Sprache wäre, und ich verschluckte in einem Anfall von traurigem Zorn den Knopf. Als man es bemerkte, war das Spiel zuende. Ich wurde ins Bett gebracht. Die Mamsell und Kaare brachten mich ins Bett. Ich mußte drei Eßlöffel voll Rizinusöl einnehmen.   - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)
 
 

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