REGENNACHT Der Tag ist futsch. Der Himmel ist ersoffen. Verfault ist alles sonst. Und aufgefressen Als wollte jeden Augenblick die ganze, Die ält’sten Huren kommen angekrochen Du aber wanderst durch die Wüsteneien. Vielleicht erscheint inmitten düstrer Feuer |
Regennacht (2)
Nach einer Regennacht liegen die toten Frösche
auf der Straße. Er hämmert sich diesen Satz ein und dämmt mit ihm die anderen
Worte. Manchmal zweifelt er, ob dies unter seinen Schuhen ein Frosch oder
nur zerfahrener Mist sei. Am Festtag hält der Wegmacher mit seiner Schaufel
Rast; am nächsten Tag schon wird es beschwerlich sein, die getrockneten
Frösche vom Asphalt abzukratzen und in den Karren zu schaufeln. Nachts
sind sie zu sehen, wie sie in dem Scheinwerferlicht mit den plumpen Sprüngen,
die ihnen die Natur auf den Weg mitgegeben, über die Straße hinschnellen,
welche für eine Unzahl von Fröschen kein Ufer hat. Ihre Haltung,
wenn sie zersprenkelt und zerdärmt hierhin und dorthin verstreut sind,
ähnelt jener des Bergsteigers in einer senkrechten
Wand. Der rechte Arm des Mannes ist auf vielen Bildern über den Kopf in
eine Felsrinne geklammert, der linke Arm, schief zum rechten, sucht einen
Halt für den in die Füße sickernden Körper; ein Bein ist angeknickt und
zum Bauch aufgehoben; das andere Bein stampft frei in die Luft über dem
Asphalt, den der Scheinwerfer des nahenden Autos nach dem Regen spiegelnd
und abgründig macht. Die Felswand ist senkrecht; die Straße ist waagrecht.
Noch hängt der Mann in der Felswand; der Atem pumpt und entpumpt den lappigen
Hals; in seiner Not harkt er mit der Spitze des Schuhs einen morschen Stein
aus dem Felsen, der die schlafenden Vögel erschreckt, so daß sie quäkend
und krähend aus ihren Felslöchern flattern. Wenn das nächste Licht dann
ihn einfängt, reckt er sich auf und brüllt den lautlosen Schrei aus dem
knotigen Maul als das Zeichen, was mit ihm getan wird. -
Peter Handke, Die Hornissen. Frankfurt am Main 1977
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