Regendrachen    »Dürfte ich Euer Schwert einmal ansehen, Herr?« bat Tschiau Tai. »Es scheint mir eine schöne alte Waffe.«

Der Richter reichte ihm sein Schwert und sagte:

»Es trägt den Namen Regendrachen.«

»Ist es am Ende der berühmte Regendrachen?« rief Tschiau Tai begeistert, »die Klinge, von der alle Fechter unter dem Himmel mit Ehrfurcht sprechen! Es war das letzte und beste Schwert, das Dreifinger, der größte Waffenschmied aller Zeiten, vor dreihundert Jahren geschmiedet hat!«

»Die Überlieferung sagt, Dreifinger habe achtmal versucht, dieses Schwert zu schmieden«, bemerkte Richter Di, »aber jedesmal sei es ihm fehlgeraten. Da habe er geschworen, seine geliebte junge Frau dem Flußgott zu opfern, wenn es ihm gelänge. Beim neunten Mal schuf er dieses Schwert. Sogleich enthauptete er damit seine Gattin am Flußufer. Da erhob sich ein furchtbares Unwetter, und Dreifinger wurde vom Blitz erschlagen. Die wilden Wogen entführten die beiden Leichen. Seit zweihundert Jahren ist dieses Schwert in meiner Familie und vererbt sich immer auf den ältesten Sohn.«

Tschiau Tai schob sein Halstuch über Nase und Mund, um die Klinge nicht mit seinem Atem zu entweihen. Dann zog er sie aus der Scheide. Ehrfürchtig hob er sie mit beiden Händen, bewunderte den dunkelgrünen Schimmer und die haarscharfe, völlig unversehrte Schneide, in seinen Augen leuchtete ein mystischer Glanz, als er sprach:

»Sollte es mir bestimmt sein, dereinst durch ein Schwert zu sterben, so möge es dieses Schwert sein, das mein Blut vergießt.«   - Robert van Gulik, Geisterspuk in Peng-lai. Zürich 1988

Regen Drachen Schwert


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