azzia  »Ich heiße James Maronenthal«, log ich, »und handle mit antiquitäten.« Er tat, als dachte er nach. »Maronenthal«, sagte er nach einer gelungenen kunstpause, »Maronenthal? Von den brüssler Maronenthals?« »Von den brüsslern«, sagte ich. »Dann«, rief er, als ob er erfreut wäre, »sind sie ein vetter meines teuren alten freundes Clemens Arkham Maronenthal!« »Ja«, sagte ich einfach, »derselbe.«

Während dieses komischen dialogs hatte die polizei bereits die ausgänge des restaurants besetzt, herren in verdächtigem zivil waren erschienen, männer, die zu lange, abgeschabte ledermäntel trugen und zu große filzhüte, die ihnen über die ohren rutschten. »Razzia!« sagte mein gegenüber und rieb sich dabei die knochigen hände. »Alles da drinnen vorprogrammiert«, sagte er und stippte mit dem mittelfinger an seine stirne. »Was glauben sie, was da drinnen alles vorgeht, platz hat, entworfen wird!« »Und das wäre?« fragte ich. Er gab keine antwort, tat, als hätte er nicht gehört, spielte seinen Mabuse, hatte sowieso schon längst auf alten kintopp geschaltet, wie mir schien.

Die zivilpolizisten bewegten sich wie künstliche menschen von tisch zu tisch. Die ausweise, bitte! Was bewegt sie zu dieser perlustrierung? Ich habe sie um den ausweis gefragt, das muß ihnen genügen! Verdammt, wir sind doch schließlich noch in einem rechtsstaat! Reden ist silber und schweigen ist gold. Halten sie das maul und zeigen sie ihren ausweis vor! Dazu sind sie nicht berechtigt! Und so weiter .. Was ging hier vor? Und wenn hier etwas vorging, ging es mit rechten dingen vor? Ich begann daran zu zweifeln .. Ich erwachte mit einem, gelinde gesagt, benommenen kopf vor einem kinoeingang, mußte in ihm einige stunden bewußtlos gekauert sein. Ich fror wie ein Schneider, der geschmack in meinem mund war nicht von üblen eltern. Ich überquerte die frankfurter Kaiserstraße, es war gegen morgen, es sang sogar eine amsel, und ich hatte harndrang. - (dru)

Razzia (2)  Ein paar andere Männer führten die Mutter des Nazareners ab. Auch sie hatte kaum ein Kleidungsstück überziehen können: Sie ging weinend dahin, mit zotteligen, strähnigen Haaren, die auf den Nacken herabhingen; auch die Haarnadeln baumelten, eine links, eine rechts. Sie hatte, ein gutmütig rundes, aber erschreckend bleiches Gesicht, mit einer Brille. Das Kleid war zerrissen, es fehlte ein ganzes Stück, und das kam daher, daß sie ständig irgendwelche Wäsche wusch und sich dabei anspritzte und sich dann am Spülbecken, am Brunnen und wo sonst immer rieb: So sah man ihren Bauch, den nur ein altes Militär-Unterhemd bedeckte. Über die Schultern hatte sie eine rote, ausgefranste Wolljacke gezogen, die ihr halb aufs Kreuz herunterhing. Derartig bekleidet stolperte sie keuchend und weinend zwischen den Carabinieri voran.  - Pier Paolo Pasoloni, Vita Violenta. München 1983 (zuerst 1959)
 
 

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