Stephen Hawking, Eine kurze
Geschichte der Zeit. Reinbek 1991 (zuerst 1988)
Raumzeit (2) Meine Vermutung ist, daß
wir einen schweren Irrtum begehen, wenn wir bei der Betrachtung des Bewußtseins
die üblichen physikalischen Regeln für die Zeit
anwenden! Jedenfalls ist die Art und Weise, wie die Zeit in unsere bewußten
Wahrnehmungen eingeht, in der Tat sehr seltsam, und ich meine, daß bei dem Versuch,
bewußte Wahrnehmungen in einen herkömmlichen Zeitrahmen einzuordnen, möglicherweise
eine ganz andere Konzeption erforderlich ist. Das Bewußtsein ist schließlich
das einzige uns bekannte Phänomen, demzufolge die Zeit überhaupt „fließen"
muß! Die moderne Physik behandelt die Zeit im wesentlichen nicht-anders als
den Raum, und die „Zeit" der physikalischen Beschreibungen
„fließt" eigentlich gar nicht; uns liegt nur eine statisch aussehende,
festgelegte „Raum-Zeit" vor, in der die Ereignisse unseres Universums ausgebreitet
sind! Doch unseren Wahrnehmungen zufolge fließt
die Zeit. Ich vermute, daß auch hierbei eine gewisse Illusion
im Spiel ist und daß die Zeit unserer Wahrnehmungen nicht „wirklich" ganz
so linear vorwärtsfließt, wie wir dies wahrnehmen (was immer das auch heißen
mag!). Die zeitliche Ordnung, die wir „scheinbar" wahrnehmen, ist nach
meiner Behauptung etwas, das wir unseren Wahrnehmungen auferlegen, um diese
bezüglich einer äußeren physikalischen Realität mit gleichförmig vorwärtsschreitender
Zeit sinnvoll zu interpretieren. - Roger Penrose, Computerdenken. Des
Kaisers neue Kleider Oder Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewußtsein
und die Gesetze der Physik. Heidelberg 1991
Raumzeit (3) Wenn man die Quantentheorie
ernst nehme, so argumentierte Wheeler, dann müsse selbst die Geometrie
der Raumzeit der Unschärferelation ihren Tribut
zollen. Diese Unscharfe manifestierte sich nur in kleinstem Maßstab, in der
sogenannten Planck-Länge, die 10-33 Zentimeter beträgt und damit
17 Größenordnungen kleiner ist als ein Proton. Diese Länge ist in der Tat das
»Quant« des Raumes. Nach diesem Ergebnis, sagte
Wheeler, sei die Raumzeit wie ein Ozean. Von weit oben aus einem Flugzeug betrachtet,
erscheint er glatt. Je näher man hinsieht, desto unebener wird er. Aus nächster
Nähe sieht man die Wellen und von noch näher die Kräuselung, die Brandung und
die Gischt. Unter dem Mikroskop erblickt man schließlich nichts als Schaum,
entstehende und vergehende Wurmlöcher, die verschiedene
Punkte verbinden und voneinander trennen. Die Geometrie, Raum und Zeit verlieren
jede Bedeutung. Wheeler stellte sich diese Wurmlöcher als ungeheuer winzige
Schwarze Löcher vor. In der Tat bedeutet dies,
daß die Raumzeit aus Schwarzen Löchern besteht, in jedem Kubikzentimeter 10100 zusammengedrängt.
- Dennis Overbye, Das Echo des Urknalls. München
1993
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