auch
Ein ungewisser rötlicher Schein erhellte das Zimmer,
kaum wahrnehmbar mit den Augen, wie ein Widerschein von weither. Er drang aus
einem Kohlenbecken oder ähnlichen Gefäß, in das der Alte wohl die glühende Asche
aus dem Kamin versammelt und das er in eine gewisse Höhe, vielleicht auf einen
Dreifuß gestellt hatte; jetzt streute er etwas darüber, weiteren Weihrauch und
noch anderes, was nicht zu erkennen war; und das Licht um ein weniges heller
werden und einen dichten bläulichen oder bleifarbenen Rauch entstehen ließ.
Welch wabernder Rauch vor meinen armen Augen, und ich zitterte darob, die bizarrsten Formen hervorbrachte, und mir war, als ziehe er sich zusammen, verdichte sich, um gleich wieder zu wabern und sich wieder zu verdichten, fast als wolle ein unbekanntes Geschöpf sich in ihm verkörpern und könne es nicht. Ich sah jetzt . . . Doch was, wen sah ich da? Sicher war es nur eine Sinnestäuschung. Und schon wieder sie (wer denn sonst? warum habe ich eben unbekanntes Geschöpf gesagt?), sie wollte mit verzweifelter Gewalt, mit blinder Verzweiflung, mit düsterer Anmaßung in diesem Rauche Mensch werden, und schon wieder hinderte sie irgend etwas oder irgendwer daran, stieß sie zurück. Aber jetzt war sie doch schon da. O nein, leider war sie eben nicht da, war schon lange nicht mehr da und würde nie wieder dasein! Trotzdem fühlte ich . . . Was konnte ich denn in meinem Zustand fühlen! Es waren meine zerrütteten Nerven, weiter nichts.
Aus dem Kohlenbecken kam ein rasches Aufleuchten, erhellte flüchtig die Szene:
ich sah, wie der Alte mit geschlossenen Augen vor diesem Kohlenbecken kniete.
Unvermittelt erklang seine Stimme, laut, doch sanft und voller Liebe zu dem
verzweifelten dreifachen Anruf: Lucia! Lucia! Lu-cia! Da erschauerte der Rauch
und zog sich jäh zusammen. - Tommaso
Landolfi, Herbsterzählung. Reinbek bei Hamburg 1990 (zuerst 1975)
Rauch (2) Dieser Rauch, der uns trug,
war dem Stock verschwistert, der den Stein fortwälzt, und der Wolke, die den
Himmel öffnet. Er war nicht unser Verächter, er nahm uns so, wie wir waren,
Rinnsale, gespeist von Verwirrungen und Hoffnung, mit einem Riegel am Munde
und einem Gebirge im Blick. - René Char, Zorn und Geheimnis. Frankfurt
am Main 1991 (zuerst 1948)
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