aubvogel Die Tierwelt des Eozäns präsentierte
zahlreiche Linien von
karnivoren Säugetieren, von denen
nur eine als Vorläuferin moderner Formen gelten kann, und dazu noch
eine, die damals nicht besonders hervorstach. Dafür wies das Eozän
einen besonderen Augenblick in der Geschichte der Karnivoren auf, einen
Kreuzweg, an dem von zwei Möglichkeiten die eine realisiert und die
andere vergessen wurde. Chancen hatten nicht allein die Säugetiere. Die
amerikanischen Paläontologen W. D.
Matthew und W. Granger
beschrieben 1917 das »hervorragende und ganz unerwartete« Skelett eines
riesigen Raubvogels aus dem Eozän von Wyoming, Diatryma gigantea:
Der riesige Kopf und der kurze, kräftige Hals
kennzeichnen Diatryma als einen furchterregenden Fleischfresser: ein
deutlicher Gegensatz zu dem kleinen Kopf und dem langen, schlanken Hals
der friedlicheren Straußenvögel (Strauße, Nandus und Artverwandte).
Ahnlich wie Tyranosaurus mit seinen verkürzten Vordergliedmaßen, aber
einem massiven Kopf und starken Hintergliedmaßen, muß Diatryma seine
Beute durch Tritte, Klauenhiebe und Bisse gefügig gemacht haben.
Diatrymiden, möglicherweise ferne Verwandte der Kraniche, nicht aber
der Strauße mit ihrem Anhang, herrschten mehrere Millionen Jahre lang
über Europa und Nordamerika. Die Siegespalme des dominierenden
Fleischfressers hätte den Vögeln zufallen können, aber am Ende setzten
sich die Säugetiere durch, und wir wissen nicht warum. Wir können uns
nun Geschichten ausdenken, denen zufolge zwei Beine, Vogelgehirne und
fehlende Zähne zwangsläufig vier Beinen und scharfen Eckzähnen
unterlegen sind. Aber im Innersten unseres Herzens wissen wir, daß wir,
wenn die Vögel gewonnen hätten, genausogut eine Geschichte über ihren
unausweichlichen Erfolg erzählen könnten. A. S. Romer, der führende
Wirbeltier-Paläontologe der gerade zu Ende gegangenen Generation,
schrieb in seinem Lehrbuch, der Bibel unseres Faches:
Das Vorkommen dieses großen
Vogels zu einer Zeit, als die Säugetiere überwiegend von. sehr kleiner
Statur waren (das damalige Pferd hatte die Größe eines Foxterriers),
läßt an einige interessante Möglichkeiten denken, die nie eingetreten
sind. Die großen Reptilien waren ausgestorben, und die Erde srand dem
Eroberer offen. Als Nachfolger kamen die Säugetiere und die Vögel in
Frage. Die ersteren setzten sich schließlich durch, aber das Vorkommen
einer solchen Form wie Diatryma zeigt, daß die Vögel anfangs Rivalen
der Säugetiere waren (1966, S. 171).
Ein phororhacider Vogel Südamerikas erhebt sich
in dieser Darstellung von Charles R. Kmght triumphierend
über ein geschlagenes Säugetier.
- (go)
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