Rathauskeller  Auf einen Sonntag war ich bei Herrn Prof. Trapp zu Gaste: ich war gut angezogen und trug seidene Strümpfe. Abends gegen zehn Uhr ging ich fort und traf unterwegs meinen alten Freund Köster, der mich bat, ihn in den »Puffkeller« auf dem Markt unterm Rathause zu begleiten. Dieser sogenannte Puffkeller war ein Bordell der niedrigsten Gattung: er gehörte zum Rathause und wurde für 12 Reichstaler jährlich vermietet. Erst seit der Aufsicht des jetzigen Stadtpräsidenten, v. Barkhausen, hat diese skandalöse Wirtschaft da aufgehört. – Ich stellte Köster vor, daß es für einen Magister sich schlecht schicken würde, in den Puffkeller zu gehen, aber er besiegte alle meine Gründe und Einwendungen, und der Herr Magister ging in den Puffkeller. Hier war ein gewisser Herr, den ich nur Firlefanz nennen will. Ich ließ mir Schnaps geben, konnte ihn aber nicht trinken und stellte ihn mit einem Fluche auf den Tisch. Mosje Firlefanz sagte drauf mit einer altklugen Miene, es sei freilich kein Magisterschnaps. Blox! steckte ich ihm eine Ohrfeige, Köster half, und Meister Firlefanz wurde zum Loch hinausgeschmissen. Wir blieben nicht lange. Als wir in der Galgstraße der Ulrichskirche nahe kamen, trat plötzlich Mosje Firlefanz vor uns und forderte Rechenschaft wegen der Beleidigung im Puffkeller. Da wir ihm jetzt noch gröber antworteten und mit Prügeln drohten, siehe, da kamen noch zwei baumstarke Bengel aus dem Hinterhalt und schlugen auf uns zu. Wir wehrten uns ritterlich, warfen einen von den Bengeln zur Erde, und Mosje Firlefanz selbst bekam derbe Schläge mit der Faust ins Gesicht, daß die Marken davon noch vierzehn Tage zu sehen waren. - F. C. Laukhards, vorzeiten Magister der Philosophie und jetzt Musketiers unter dem Thaddenschen Regiment zu Halle, Leben und Schicksale, von ihm selbst beschrieben und zur Warnung für Eltern und studierende Jünglinge herausgegeben. Fünf Teile, 1792–1802
 
 

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