ang Die
Institution einer Klasse, die nicht arbeitet, also einer müßigen Klasse, hat
in den Hochformen der barbarischen Kultur, etwa im
feudalen Europa oder in Japan, ihre höchste Entwicklung
gefunden. Die sozialen Klassen sind hier streng geschieden, und die größte wirtschaftliche
Bedeutung kommt wohl dem Umstand zu, daß die verschiedenen Tätigkeiten verschiedenen
Klassen zugeordnet sind. So werden die oberen Klassen üblicherweise von jeder
produktiven Tätigkeit ausgenommen oder gar ausgeschlossen, hingegen bleiben
ihnen bestimmte Beschäftigungen vorbehalten, die als ehrenvoll gelten. Der Krieg
stellt in allen feudalen Gesellschaften das vornehmste Handwerk dar, dem an
zweiter Stelle meist das Priesteramt folgt. Besitzt
die barbarische Gesellschaft keinen ausgesprochen kriegerischen Charakter, so
kann das Priesteramt an die erste Stelle rücken. Doch mit wenigen Ausnahmen
gilt die Regel, daß Krieger wie auch Priester von aller produktiven Arbeit ausgenommen
sind, und diese besondere Stellung kommt dem ökonomischen Ausdruck eines höheren
Ranges gleich. Ein gutes Beispiel dafür bietet das Indien
der Brahmanen. Innerhalb dieser Schicht, die
allgemein als vornehme Klasse bezeichnet werden kann, zeigt sich in den Hochformen
der barbarischen Kultur eine sehr ausgeprägte soziale Differenzierung, der gemäß
sich dann auch verschiedene Beschäftigungen unterscheiden lassen. Als Ganzes
umfaßt die müßige Klasse Adel und Priesterstand mitsamt einem großen Teil ihrer
jeweiligen Gefolgschaft. Wenn auch die Beschäftigungen innerhalb dieser Klasse
verschieden sind, so weisen sie doch ein gemeinsames wirtschaftliches Kennzeichen
auf: Es handelt sich nämlich in keinem Falle um ein Gewerbe oder ein Handwerk.
Diese nicht-produktiven Beschäftigungen der Oberklasse lassen sich in vier große
Gruppen einteilen, in Regieren, Kriegführen, religiöse Aufgaben und Sport.
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Thorstein Veblen, Theorie der feinen Leute. Eine ökonomische Untersuchung
der Institutionen. München 1971 (zuerst 1899)
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