Von derselben Art ist sein angebliches Ersuchen an den Papst; man gibt an, er habe den Papst gebeten, ihn zu exkommunizieren, um nicht verbrannt zu werden, indem nämlich, wie er sagte, seine Hauswirtin, als sie ein Bündel Reisig hatte verbrennen wollen, aber damit nicht zu Rande gekommen war, ausgerufen habe, dieses Reisig hätte die Fresse des Papstes exkommuniziert.
Das Abenteuer in Lyon, das man ihm ansinnt, ist ebenso falsch und ebenso
wenig wahrscheinlich. Man behauptet, er habe, da er weder sein Herbergsgeld
habe bezahlen können noch Reisegeld nach Paris gehabt habe, den Sohn der Herbergswirtin
kleine Säckchen mit Anhängern versehen lassen, die folgendermaßen beschriftet
waren: »Gift, um den König von Frankreich zu töten«, »Gift, um die Königin von
Frankreich zu töten«, usw. Er wählte diese List, sagt man, um nach Paris geschafft
und unterwegs verköstigt zu werden, ohne daß es ihn einen Heller kosten sollte,
und um den König zum Lachen zu bringen. Es wird hinzugefügt, dies sei im Jahre
1536 geschehen, in ebendem Zeitpunkt, da der König von Frankreich und das ganze
Land den Tod des Dauphin François beweinten, von dem man glaubte, er sei vergiftet
worden, und da man gerade Montecuculli, den man dieses Giftmords verdächtigte,
gevierteilt hatte. Die Verfasser dieses platten Geschichtchens haben keinen
Gedanken daran verschwendet, daß man Rabelais auf ein so schreckliches Indiz
hin in einen Kerker geworfen, daß man ihn mit Eisen beladen hätte, daß er vermutlich
die gewöhnliche und die außergewöhnliche Befragung hätte erdulden müssen, und
daß unter so verhängnisvollen Umständen und angesichts einer so schwerwiegenden
Anklage ein schlechter Scherz zu seiner Rechtfertigung nicht ausgereicht hätte.
Fast alle Lebensläufe berühmter Männer sind durch Anekdoten, die nicht mehr
Glauben verdienen als diese, entstellt. - Voltaire, AUS DEN BRIEFEN AN
SEINE HOHEIT MONSEIGNEUR LE PRINCE DE ... ÜBER RABELAIS SOWIE ANDERE AUTOREN,
DIE MAN BEZICHTIGT, SIE HÄTTEN DIE CHRISTLICHE RELIGION VERUNGLIMPFT, nach
(
vol
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