Quittung  Es handelte sich um eine Frau, eine Bäuerin, die des Diebstahls und der unrechtmäßigen Bereicherung angeklagt war. Sie hatte 100000 Francs und lebte auf dem Land. Ein hübscher Junge veranlaßte sie, nach Paris überzusiedeln, eine Wohnung einzurichten und ihn ein paar Monate auszuhalten.

Kaum war das Geld zu Ende, ging er mit einer Saxophonspielerin vom Empire auf und davon. Die Bäuerin verkauft, um leben zu können, die Möbel, die ihr Liebhaber mit ihrem Geld gekauft hatte. Eines schönen Tages fällt es diesem Herrn nun ein, wieder zu ihr zurückzukommen. Sie weist ihn natürlich hinaus. Er bleibt. Sie nimmt ihm eine Uhr weg, die sie ihm selbst einmal geschenkt hat. Er geht und trifft einen kleinen Advokaten, der ihn zu einer Klage überredet. Großer Prozeß. Der Bursche hat niemals gearbeitet; niemals auch nur 50 Francs besessen; die Frau hatte 100000 und war arbeitsam gewesen. Der Bursche besitzt noch die Quittung über den Kauf des Mobiliars und der Uhr und beweist damit, daß die Möbel und die Uhr tatsächlich von ihm bezahlt sind. Der öffentliche Ankläger, ein junger intelligenter Vertreter, erhebt nur schüchtern die Anklage, bedenkt den Nebenkläger mit harten Worten und beantragt Freispruch wegen Mangel an Beweisen. Wir unterhalten uns halblaut darüber. Ich sehe, daß die beiden Richter den Prozeß überhaupt nicht aufmerksam verfolgt haben. Wir ziehen uns in das Beratungszimmer zurück. Der jüngere Richter ist nun für Verurteilung, der andere auch. Ich suche sie zu überzeugen. Sie sind hartnäckig, weil eben die Quittungen des Möbelhändlers und des Uhrmachers auf einen anderen Namen als den der Angeklagten lauten. Wir streiten zwei Stunden lang. Ich wurde überstimmt. Drei Jahre Gefängnis.  - Pitigrilli, Ein Mensch jagt nach Liebe. Reinbek bei Hamburg  1987 (zuerst  1929)

 

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