Quaddel  Die Sache hatte, kurz nach seiner Eheschließung, ganz unmerklich angefangen. Es war zunächst nichts weiter gewesen als, südöstlich vom linken Ohre (wo die Haare beginnen), eine erbsengroße Quaddel ohne besondere Bedeutung; und lange Zeit hatte er das Wärzchen unter dem üppig darüber hinweggekämmten Haarschopf verbergen können. Selbst Veronica merkte nichts, bis bei einer nächtlichen Liebkosung ihre Hand plötzlich darüber hinfuhr:

„Aber was hast du denn da?" rief sie.

Und als ob das Ding, einmal ans Licht gezogen, nun keine Zurückhaltung mehr zu wahren brauche, erreichte es im Laufe weniger Monate den Umfang erst eines Rebhuhneies, dann eines Perlhuhneies und schließlich eines richtigen Hühnereies. Auf dieser Stufe verharrte es, während ringsum der Haarwuchs spärlicher wurde und es den Blicken der Welt aussetzte. Mit sechsundvierzig Jahren konnte Anthimos kaum noch darauf bedacht sein, Gefallen zu erregen: er ließ sich die Haare kurz schneiden und entschied sich für jene halbhohe Kragenform, deren Reservatbuchtung den fatalen Knubben gleichzeitig verbarg und offenbarte.  - André Gide, Die Verliese des Vatikan. München 1975 (dtv 1106, zuerst 1914)

 

Ding

 

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