Punkt, schwacher  Wie Achilles, Simson und Margutte hatte auch Jener einen schwachen Punkt. Und sein schwacher Punkt waren die Spinnen. Ob Abscheu oder religiöser Horror, ob Idiosynkrasie oder abyssale Attraktion, Jener konnte diese Tierchen nicht ertragen. Vereinfacht ausgedrückt würde man sagen, daß er «sich vor Spinnen fürchtete». Kam Jener in ein Zimmer, in dessen hinterster und dunkelster Ecke die zarte achtbeinige Feindin kauerte, er entdeckte sie auf Anhieb. War noch jemand anderes zugegen, bat er denselben, sie aufzunehmen und fortzuwerfen, ohne ihr ein Leid anzutun; ansonsten, deine Haut für meine — wie er in derlei Augenblicken zu sich selber sagte -, bewaffnete er sich mit einem möglichst langen Stock und nahm, wenn wir dies so nennen wollen, mit seiner Feindin den Nahkampf auf, verteilte Kopf- und Flankenschläge. Einst, als Jener noch ein Knabe war, durchstreifte er einmal nächtens sein großes Haus, aus welchem Grund, ist nicht geklärt. Plötzlich war da an der Stufe einer zum Dachboden führenden Holztreppe eine riesige, gallertige, gelblich-fleischfarbene Spinne. Zunächst erschrocken, dann aber vielleicht durch die Motivation seines nächtlichen Ganges mit neuem Mut versehen, hatte Jener den guten Einfall, die Kerzenflamme an sie heranzuführen, um sie zu verbrennen: die Spinne machte einen unheimlichen Satz und verschwand in der Luft. Nun wurde unser Held, der verständlicherweise im Nachthemd und mit bloßen Beinen einherging, aus Angst, die Spinne könne auf ihn gefallen sein, von einer solch spasmodischen Phrenesie befallen, daß er für eine nicht auszumachende Zeit krampfartig vom einen aufs andere Bein hüpfte. - Tommaso Landolfi, Der Tod des Königs von Frankreich. Nach (land)
 
 

Punkt Held Schwäche

 

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