umpen Ich
legte mich hin und versuchte, an allerlei zu denken - doch ich dachte
nur an die Pumpen. Als ich an Deck ging, waren sie noch immer dabei, und meine
Wache löste sie an den Pumpen ab. Im Licht der Lampe, die an Deck gebracht worden
war, um den Peilstock ablesen zu können, tat ich einen Blick in die müden, ernsten
Gesichter. Wir pumpten die ganzen vier Stunden hindurch. Wir pumpten die ganze
Nacht, den ganzen Tag, die ganze Woche hindurch -Wache für Wache. Die Bark arbeitete
sich lose und leckte stark — nicht so stark, um uns auf der Stelle zu ertränken,
doch stark genug, um uns mit der Pumparbeit umzubringen. Und während wir pumpten,
entglitt uns das Schiff stückweis: das Schanzkleid ging über Bord, die Stützen
wurden herausgerissen, die Ventilatoren zerschlagen, die Kammertüren eingedrückt.
Kein trockenes Fleckchen war mehr auf dem Schiff. Stück für Stück wurde es ausgeweidet.
Das Großboot verwandelte sich dort, wo es in seinen Bootsklampen stand, wie
durch Zauberei in Kleinholz. Ich hatte es selbst festgezurrt und war stolz auf
meiner Hände Arbeit gewesen, die dem Grimm der See so lange standgehalten hatte.
Und wir pumpten. Und das Wetter änderte sich nicht. Das Meer war weiß wie ein
Laken aus Gischt, wie ein Kessel siedender Milch; die Wolken rissen nirgends
auf, nein - keine Handbreit - nicht für zehn Sekunden. Für uns gab es weder
Himmel noch Sterne, noch Sonne, noch ein Universum - nichts als zornige Wolken
und eine wütende See. Wir pumpten Wache für Wache, pumpten ums liebe Leben;
und es schien Monate so weiterzugehen, Jahre, in alle Ewigkeit: als wären wir
schon gestorben gewesen und in die Hölle der Seefahrer niedergefahren. Wir vergaßen
den Wochentag, den Monat, vergaßen, was für ein Jahr es war und ob wir je an
Land gewesen. Die Segel flogen davon, das Schiff lag beigedreht nur mit einem
Schauerkleid im Besanwant; der Ozean ergoß sich über die Bark, und wir kümmerten
uns nicht darum. Wir drehten die Kurbeln und hatten Augen wie Schwachsinnige.
Sobald wir an Deck gekrochen waren, pflegte ich ein Tau um die Männer, die Pumpen
und den Großmast zu legen, und wir drehten, pumpten unablässig, während uns
das Wasser bis zum Gürtel, zum Hals reichte, über unseren Köpfen zusammenschlug.
Es war uns alles gleich, wir hatten vergessen, wie es war, wenn man sich trocken
fühlt. Und irgendwo in mir regte sich der Gedanke: Himmel! das ist doch ein
rechtes Höllenabenteuer - etwas, wie man es nur in Büchern liest; und es ist
meine erste Reise als Zweiter Offizier - und ich bin erst zwanzig Jahre alt
- und hier stehe ich, halte so gut durch wie jeder andere und habe meine Leute
in Form. Ich hatte meine Freude. Diese Erfahrung hätte ich nicht um alles in
der Welt drangegeben. Ich erlebte Augenblicke der Begeisterung. - Joseph Conrad, Jugend. Frankfurt am Main 1968
(zuerst 1902)
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