sychoanalyse    FREUD Nur herein, kommen Sie, bitte sehr, fühlen Sie sich wie zu Hause. Hier empfange ich meine Patienten, wann ich will. Sie haben doch sicher mein schönes, glänzendes Messingschild dort am Eingang gesehen, auf dem steht: »Ständige Sprechstunde, bei Tag und Nacht«.

SANGUINETI Natürlich habe ich es gesehen. Aber sehen Sie, ich komme gar nicht als Patient hierher.

FREUD Das sagen alle. Aber hier sind wir doch notwendigerweise alle Patienten. Im Jenseits, Verehrtester, ist man Patient, oder man ist gar nicht da. Genauso übrigens, wie auf unserem alten Planeten. Sie können mir also ruhig sagen, an welchen Störungen Sie leiden.

SANGUINETI Es handelt sich nicht um Störungen, erlauchter Professor, auch wenn mir bewußt ist, daß ich Sie nicht eben wenig störe. Es geht mir lediglich um ein paar - übrigens ganz bescheidene - Fragen, die ich Ihrer Aufmerksamkeit zu unterbreiten beabsichtige.

FREUD Fürchterliche Ausdrucksweise, zuerst einmal. Und wenn es um Fragen geht, dann will ich Ihnen gleich sagen, daß ich es bin, der hier Fragen stellt, nicht Sie. Das müssen Sie schon verstehen, schließlich ist es mein Beruf. Aber was stehen Sie denn so zögernd und betreten herum? Machen Sie es sich doch auf der Couch bequem, legen Sie sich schön hin, gerade als ob Sie ein Nickerchen machen wollten, nur zu! Jetzt konzentrieren Sie sich, schließen die Augen, entspannen sich, ja, so ist es recht. Sprechen Sie ruhig, wenn Ihnen danach zumute ist, aber lassen Sie sich dabei gehen. Ich setze mich dorthin, außer Sicht, und mache mir nur ab und zu ein paar Notizen, wenn Sie gestatten.

SANGUINETI Aber eigentlich wollte doch ich mir ein paar Notizen machen.

Tullio Pericoli: Sanguineti deutet auf Freud

FREUD So sind sie alle, mein Lieber, alle; es ist eine Epidemie. Solche wie Sie kommen jeden Tag, ich weiß nicht wie viele. Beim nächsten Jenseits-Kongreß werde ich einen kleinen Vortrag über dieses Thema halten. Ich habe mir gedacht, dieses Syndrom »Tauschneurosc« zu nennen. Wie Sie feststellen können, besteht es in dem Versuch eines Rollentausches, mit dem Wunsch, die Rollen zu ändern und die Beziehungen umzukehren. So als ob Sie beispielsweise als Bruder einer Schwester die Schwester Ihres Bruders, also Ihre eigene Schwester sein möchten und überzeugt wären, daß Ihre Schwester dafür der Bruder der Schwester, also der Bruder von Ihnen als Schwester ist. Habe ich mich klar ausgedrückt? Haben Sie Schwestern?

SANGUINETI Nein, erlauchter Professor, ich bin ein Einzelkind.

FREUD Eine scheußliche, gewöhnlich höchst pathogene Situation. Ich denke an Ihren Vater, den Ärmsten, der ganz schön was mitgemacht haben muß, denke ich. Hm, hm, von Ihrer armen Mutter gar nicht erst zu reden. Aber kommen wir zu unserer Tauschneurose zurück. Schreiben Sie sich das gut hinter die Ohren, mein lieber Besucher, daß der Arzt die Fragen stellt und der Patient antwortet. Und daß ich da bin, um zu fragen, um zu wissen, und daß ich dafür bezahlt werde, auch hier, jawohl mein Herr, ich werde hier einzig und allein für meine Fragezeichen bezahlt. Verstanden?  - Edoardo Sanguineti, Papa! Papa! Papa! Sigmund Freud. In: Unmögliche Interviews. Berlin 1996

Psychoanalyse (2)

 - Charles M. Schulz, Here's to you, Charlie Brown. London 1969 (Hodder Fawcett, zuerst ca. 1960)

Psychoanalyse (3)  Die Handlungsgehilfen der Moralidiotie des Rechtsstaats hätten in die Bewußtseine die Wachsamkeit des Gelächters, der Ironie und des Nutzlosen schleudern müssen - den Jubel des orphischen Unsinns. Die Heiligkeit des Sinnlosen ist der wahre Gegensatz zur Ehre des Bürgers, des ehrlichen Sicherheitsgehirns, dieser Libretto-Maschine mit auswechselbarer Moralplatte.

Die Psychoanalyse ist die wissenschaftliche Reaktion auf diese faulende Pest, die alle simplen einfachen Gesten, Auflösungen, alle Steigerungen ins Blau der Gipfel gütigen Formens herabmindert auf ein Niveau des Mittelstandes, der übelriechenden Lauheiten des in sich beständig gelatineartigen Zitterns des Sumpfes. Diese schleimblasentreibenden Tröpfe einer ekelhaften Verwandlungsfähigkeit in alles und jedes, nur nicht in eines, diese leibhaftigen Verdränger der Einzigartigkeit sind für die Zweckmäßigkeiten des um seine Börse greinenden Bürgers noch zu miserabel.

Ertränken wir sie im Unflat ihrer so gräßlich ernsthaften sechzigbändigen Werke! - Raoul Hausmann, nach: Dada Berlin. Stuttgart 1977. Hg. Hanne Bergius, Karl Riha

Psychoanalyse (4)  Ein verdienter Forscher, Dr. Firngard, ein Freund des Freud aus der Freudenau (welche psychomagischen Untergründe enthüllen sich hier) hatte noch immer den Geschmack der Stiefel für 21 Mark 50, die er auf der Eierstiege getragen hatte. Eine katastatische Katalyse der Ratatonie enthält schließlich nach Jung-Adler nur die Ablösung einer Angstobstination in eine Überprojektion als psycho-physisches Egozentriverkehrsproblem der prästabilisierten Postexistenz der primitiven Gesundheit. Es ergeben sich aus den Irrtümern des Kant, eines Verdrängers seiner Paranoia in ein apriorisches Ego, die letzten Ausstrahlungen einer sublimierten Expression, deren Entartungsstadium über eine Verschiebung der Rampfebene auf falsche Selbstsicherungen sich leicht psychogenetisch analysieren läßt. Was ist schließlich die Stellung im Beziehungsablauf der neurohysterischen Besitzverschiebungen im Unterbewußten der Autoegosolipsie bei dem tollsten der tollen jungen Dichter, Toller, der aus einer innersten Contrebalance seiner kopralalischen Hemmungserscheinungen in Kombination mit seinen Gehörsdiskrepanzen eine Praxis des vorbeugenden Sozialismus in Rücksicht auf bürgerliche Grenzempfindungen errechnet, anders als eine Alliterationskomponente allgemeiner Erlebenskomplexe, ja die Psychoanalyse ist exakt unübertrefflich. - Raoul Hausmann, Bilanz der Feierlichkeit. Texte bis 1933 Bd. 1. München 1982

Psychoanalyse (5)

Psychoanalyse (6)
 

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