rivatgelehrter  Schulze-Delitzsch mußte es erleben, daß ein junger Weltmann und Wissenschaftler mit kecker Hand die entscheidende Frage  berührte und öffentlich Staatshilfe für Produktionsassoziationen der Arbeiter verlangte. Dieser kühne junge Mann war Ferdinand Lassalle, Sohn eines reichen jüdischen Breslauer Kaufmanns. Er war durch die Scheidungsaffäre der Gräfin Sophie Hatzfeldt berühmt geworden. Seine glänzende Beredsamkeit und der ritterliche Mut, mit denen er die Sache der verfolgten Dame vor Gericht vertrat, hatten seinen Namen in ganz Deutschland bekanntgemacht. Er war ein hochgewachsener, gutaussehender Mann, der so gewählt und sicher sprach, wie er sich kleidete; er war als Dramatiker und als Staatswissenschaftler hervorgetreten, galt als Exzentriker, war maßlos ehrgeizig, verkehrte am liebsten mit Aristokraten und Literaten und gab ihnen in seiner eleganten Junggesellenwohnung Haschisch zu rauchen.

Aus irgendeinem grillenhaften Grund, wie man wähnte, interessierte sich der verwöhnte Privatgelehrte plötzlich für die armen Leute und besuchte sie in den Bildungsvereinen, die man ihnen zu gründen erlaubt hatte. Lassalle kleidete sich dafür noch gewählter als sonst. Meistens erschien er im Frack, mit Zylinder und weißen Handschuhen. Damit wollte er seine Hochachtung für jegliche Art von Arbeit ausdrücken und den Arbeitern zu erkennen geben, daß er sie sehr ernst nähme. Doch vermied er es streng, ihnen zu schmeicheln. So warf er den Maschinenbauern von Borsig 'verfluchte Bedürfnislosigkeit' vor.  - Walter Kiaulehn, Berlin. Schicksal einer Weltstadt. München 1981 (dtv 1648, zuerst 1958)

Privatgelehrter (2)  „Ich habe gesagt, dass, was meine Gedanken und meinen Glauben anlanget, alles ein Chaos war“, gab der Müller 1584 vor dem Inquisitionsgericht zu Protokoll und fuhr fort, „nämlich Erd’, Luft, Wasser und Feuer durcheinander. Und jener Wirbel wurde eine Masse, gerade wie man den Käse in der Milch macht, und darinnen wurden Würm’, und das waren die Engel.“ - Domenico Scandella, genannt Menocchio, laut Tagesspiegel vom 17.07.2008
 
 

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