ossenreißer An
einem der letzten Abende haben wir die Gläubigen bei einer Hochzeit das Lob
Allahs singen hören; sie waren in der Form eines Parallelogramms aufgestellt
und wiegten sich hin und her, während sie auf monotone Weise psalmodierten.
Einer von ihnen gab den Ton an und stieß in regelmäßigen Abständen schrille
Schreie aus. Die Possenreißer sind vollkommen, und die Späße hier von bestem
Geschmack. Ein Junge redete mit einem Tauben: nachdem er versucht hatte, sich
verständlich zu machen, indem er ihm abwechselnd in eines seiner Ohren schrie,
brüllte er ihm schließlich in seiner Verzweiflung in den Hintern.
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Flaubert an Louis Bouilhet,
nach (
flb
)
Possenreißer
(2) ... daß das wirkliche Leben des wirklichen Künstlers
nichts weiter als ein mehr oder weniger langes Versteckspiel vor dem Gefängnis
ist... und daß das Schafott, so furchtbar es auch erscheinen mag, ihm runtergeht
wie Öl ... das Schafott, um es so zu sagen, erwartet den Künstler! jeder Künstler,
den man nicht aufs Schafott zerrt (oder meinetwegen auch nicht an die Wand stellt),
kann, hat er die vierzig erst überschritten, nur noch als Possenreißer angesehen
werden ... Da er sich von der Menge gelöst, auf sich aufmerksam gemacht hat,
ist es nur natürlich und normal, daß er exemplarisch bestraft wird ... alle
Fenster sind schon vermietet, und zwar zu saftigen Preisen, um seiner Hinrichtung
beizuwohnen, um endlich zu sehen, wie er toternst Grimassen schneidet! Place
de la Concorde zum Beispiel... die Menge reißt schon die Bäume aus, macht aus
den Tuilerien einen einzigen, großen leeren Platz! damit man besser seine Visage
sehen kann, wenn man ihm langsam, ganz langsam, mit einem winzigkleinen Taschenmesser
den Hals durchtrennt ... das Ende dieses Clowns, das erwartete, besteht nicht
darin, daß man ihn reingelegt sehen will, fahle Freude! sondern, daß man ihn
an den Pfahl bindet! oder aufs Rad! und daß man ihn ja zum Schreien bringt,
vier ... fünf Stunden ... das ist es, was auf den Schriftsteller wartet! genauso
ein Clown!... hundertprozentig! ... dem, was für ihn schmort, kann er nur entkommen
durch Schlaumeierei, Kriechertum und Heuchelei, oder eine der Akademien ...
die große oder die kleine, oder eine Kanzel... eine Partei... so viele unsichere
Schlupfwinkel!...
- Louis-Ferdinand Céline. Gespräche mit Professor Y. Hamburg 1986 (Edition
Nautilus. Zuerst 1955)
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