oker  Bekomme ein astreines Blatt, alle vier Buben, und der Jackpot nimmt langsam Formen an. Es ist still im Zimmer, wir konzentrieren uns auf die Einsätze, und plötzlich fliegt die Tür auf, und diese vier riesigen Arschlöcher stürmen rein. ‹Keine Bewegung›, brüllen sie, ‹keine Bewegung, oder ihr seid tot› - sie schreien aus vollem Hals und fuchteln mit verdammten Schrotflinten vor uns rum. Sind alle schwarz gekleidet und haben Strümpfe überm Kopf, damit du ihre Gesichter nicht erkennen kannst. Das Häßlichste, was ich je gesehen habe - vier Wesen aus der schwarzen Lagune. Ich hatte solchen Bammel, daß ich mir fast in die Hose geschissen hätte. Auf den Boden, sagt einer von ihnen, legt euch flach auf den Boden, dann passiert keinem was.

Manchmal hört man von so was - Pokerrunden überfallen, das ist ein alter Hut. Aber man glaubt nie, daß einem das selbst passieren könnte. Und das schlimmste war, daß wir mit Bargeld spielten. Der ganze Zaster lag offen da auf dem Tisch. Ziemlich blöd, so zu spielen, aber diese reichen Heinis mögen's nun mal so, da kommen sie sich wichtig vor. Wie Desperados in einem miesen Western - der große Showdown im Saloon zum letzten Schnaufer. Man sollte nur mit Chips spielen, jeder weiß das. Man soll nicht ans Geld denken, sondern sich auf das verdammte Spiel konzentrieren. Aber so spielen diese Anwälte eben, und gegen deren alberne Hausregeln kannst du nicht anstinken.

Vierzig-, vielleicht fünfzigtausend Dollar in gesetzlichen Zahlungsmitteln sonnen sich da auf dem Tisch. Ich liege platt auf dem Boden und kann nichts sehen, aber ich höre, wie sie das Geld in Tüten stopfen, um den Tisch gehen und ihn leerfegen - wusch, wusch, fertig. Ich denk mir, bald ist die Sache vorbei, und vielleicht lassen sie uns mit ihren Knarren in Ruhe. An das Geld denk ich überhaupt nicht mehr, ich will bloß noch raus hier, und zwar mit heiler Haut. Scheiß auf das Geld, sag ich mir, bloß erschießt mich nicht. Unheimlich, wie schnell so was gehen kann. Grad noch will ich den Typen links von mir überbieten, und denk noch, was für ein ausgefuchster, toller Kerl ich bin, und gleich darauf lieg ich flach am Boden und hoffe, daß die mir nicht das Hirn rauspusten.   - Paul Auster, Die Musik des Zufalls. Reinbek bei Hamburg 1996 (rororo 13373, zuerst 1990)

Poker (2)  Poker ist unter allen Spielen dasjenige, das das Leben am besten resümiert; selbst wenn du vorzügliehe Karten in der Hand hast, bist du nicht sicher, zu gewinnen; denn immer gibt es eine höhere Kombination von Karten: du hast eine Skala von Königen? Aber du kannst von der niedrigsten Skala geschlagen werden; die niedrigste kann von der mittleren geschlagen werden. Der kultivierteste Skeptiker wird von dem unwissendsten Bauer im Skeptizismus übertroffen; der Jude, dem man ein Maximum an Geiz nachsagt, steht an filziger Knauserei hinter dem Antisemiten zurück; der Philantrop wird an Philantropie in beabsichtigter Weise von dem anarchistischen Dynamit-Attentäter übertroffen; die anständige Frau läuft, was Unzüchtigkeit anbelangt, der Prostituierten den Rang ab, und die Gemeinheiten, mit denen die Dirne den alten reichen Kunden ködert, sind nichts im Vergleich zu den Manövern, die das junge Mädchen aus guter Familie anstellt, um sich einen Gatten zu verschaffen. Der Präfekt gehorcht dem Minister des Innern: dieser hat nur den König über sich. Es hat den Anschein, als ob der König von niemand Befehle empfängt, daß sein Wille souverän ist, daß alle sich vor seinen Befehlen neigen; er steht sogar über dem Gesetz. Aber wenn der Arzt ihm verordnet, nichts zu essen, fastet er, und wenn er in seinem Wagen durch den Park fährt, und das Pferd hat ein Bedürfnis, so wartet der König, bis es fertig ist.

Das Leben ist ein Pokerspiel.  - Pitigrilli, Der falsche Weg. Reinbek bei Hamburg 1988 

 

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