Poetenliebe  Bettina hatte sich in einem teuren Salon der Stadt die Schambehaarung entfernen lassen. Eine Art von Heftpflaster senkte sich von oben herab auf die Insel, bedeckte den ganzen Venushügel in zwei Hälften, verklebte alles, was auf ihn war, ergriff selbst die kleinste Ratte, das kleinste gekräuselte Haar und wurde dann mit einem einzigen unerhört schmerzhaften, unerwarteten Ruckzuck einer unsichtbaren Hand nach oben und abgerissen. Das war der große Geschichtsprozeß und ein Aufschrei des Abscheus ging bei seinem Wirken durch die Welt. Nun saß vor dem Hintern der Insel ein weiches, seidenweißes, einladendes, kleines Tier. Rottenkopf liebte Bettina. Er liebte es, wenn ihre Brüste sich nach der Einnahme bestimmter Pillen spannten, vergrößerten und festigten. Verschönern Sie Ihren Busen. Mit den Fingerspitzen verfolgte er die Riffelmuster, die die Gummizüge verschiedener Kleidungsstücke auf ihrer Haut hinterließen. Er griff in die Falte, die ihr leicht herabhängender Hintern auf der Rückseite ihrer Oberschenkel bildete. Der Beischlaf wäre nur der Höhepunkt des langwierigen Prozesses der körperlichen Inbesitznahme gewesen, der dem Begreifen notwendig vorausging. Rottenkopf wäre außerstande gewesen, einen Menschen zu begreifen, mit dem er nicht zuvor geschlafen hatte. Weniger liebte er Bettina, wenn sie auf dem Rücken lag. Beugte sie sich indessen über ihn, so liebte er sie sehr. Er liebte sie ziemlich, wenn sie beide auf der Seite lagen und sie sich ihm zuwandte. Mehr liebte er sie, wenn sie von ihm abgewandt lag und er sich ihr näherte, am meisten liebte er sie, wenn sie, das Gesicht nach unten, kauerte. Je mehr ihre Brüste frei herabhingen, desto mehr liebte er sie. Er beobachtete sie stundenlang. War er in sie eingedrungen, was zumeist erst geschah, wenn sie es nicht mehr erwarten konnte, ihn in sich zu spüren, so wartete er immer noch ab, machte nur spärliche Bewegungen, bis sie ihn auch in den Bewegungen vorantrieb. Das war bemerkenswert: je zärtlicher sie wurde, je mehr sie sich ihm hingab, desto ausgeglichener wurde seine Begierde. Sie war am größten, wenn sie sich schroff von ihm abwandte. Sie ließ nach, wenn sie sich ihm zärtlich näherte und seine Zärtlichkeiten erwidernd hinnahm. War er in sie eingedrungen, so wäre es fast nicht mehr nötig gewesen. Es war nötig gewesen, um nun fast schon nicht mehr nötig gewesen zu sein. Hatte er sie befriedigt, so war er fast schon zufrieden. Währenddessen bedeckten Arbeiter das Innere der Insel mit einer Art klebriger Teerpappe, die alles unter sich begrub und fest verklebte. Haushohe Walzen glätteten alles, was unter der Pappe war, auf einem Gebiet von vielen Quadratkilometern waldig bewachsener Erdoberfläche und machten sie ganz und gar unnatürlich. Eine riesige Hand griff aus den Wolken herab auf die Erde, ergriff das riesige Heftpflaster und riß es nach oben ab. Ein Aufschrei ging durch die Insel, die sich einige Male krampfhaft bewegte. Wieder hatte der große unheimliche Verfasser dieses Buches zugegriffen und seiner Heimat die Schambehaarung vom Gesicht gerissen, hinter der sie ihre Blöße verbarg. Rottenkopf hatte seinen linken Arm unter Bettinas Hüfte hindurch an ihrer rechten Pobacke liegen, mit seiner rechten Hand streichelte er alles andere. Ihre Hüfte, ihre Brust, ihren Hals, ihr Gesicht, ihren enthaarten Venushügel, wobei er immer wieder einmal schnell mit dem Mittelfinger hineinschlüpfte und die Hand zum Nabel hin hochzog, um die empfindliche Stelle versehentlich zu berühren. Bettina ergriff dann regelmäßig seinen Arm, um ihn aus sich herauszuziehen. Sie liebte die Erregung dieser Stelle nicht, bevor er mit seinem Geschlecht in sie eingedrungen war. Aber dieses senkte sich schon langsam vom Himmel und verdunkelte alles Leben auf der Erde, wie ein riesiger, landender Vogel, um alles mit seinem Dichtersamen zu befruchten.  - (baer)

Poetenliebe (2)

   Ovid und Corinna

Ovid und Corinna

- Agostino Carracci

 

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