Platzanweiser  »Zuerst reiße ich die Karten ab«, erklärte er, »und dann leuchte ich den Besuchern bis zu ihrem Platz.«

Ich fragte ihn, ob das nicht sehr anstrengend sei, beides zusammen, aber er meinte, alles halb so schlimm. Und außerdem sei da noch etwas viel Wichtigeres: wenn alle auf ihren Plätzen wären, setze er sich in die letzte Reihe, um auf die Leute aufzupassen, denn es seien immer einige dabei, die sich nicht benehmen könnten. Als ich ein dummes Gesicht machte, erklärte er mir, es gäbe Pärchen, die ins Kino gingen, um aneinander herumzufummeln und die manchmal zu weit gingen. Er trüge deshalb genagelte Schuhe, damit die Herrschaften ihn rechtzeitig hörten, wenn er den Gang hinunterkäme, und den Vogel wieder im Nest verstauen könnten.

»Aber dann gibt es auch Tage«, sagte er, während er mir wieder zuzwinkerte, »an denen trage ich Filzpantoffeln.«

Ich fragte ihn, wieso er mal genagelte Schuhe und dann wieder Filzpantoffeln trüge, und er erzählte mir, im allgemeinen lege er keinen Wert auf Scherereien mit dem Publikum, aber manchmal hätte er eben doch seinen Spaß an den Entschuldigungen der handarbeitenden Kundschaft. Er schwieg einen Moment und fragte mich dann, warum mir mein Mann ein blaues Auge verpaßt hätte.

»So Sachen halt«, murmelte ich.  - Javier Tomeo, Das Verbrechen im Orientkino. Berlin 1996

 

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