Pilzesammler    - Und das Pilzesammeln?

- Erlauben Sie? Das Entkorken einer Flasche. Längere Pause. Man kommt in den Wald durch einen Hohlweg, der der Flur genannt wird. Die Buchen über uns waren ganz vergoldet. Mortin sagte, das sei orientalisch. Es erinnerte ihn an irgendwas von dort. Wir gingen den Flur entlang, bis er auf die Lichtung mündet... oder wir bogen links ab, um auf den Pfad zu kommen, der nach Norden führt. Da gab es Mousserons in Massen und Reizker und Täublinge ... weiter drinnen auch Steinpilze und Perlpilze und Champignons. Pause. Auf den Wiesen findet man eher Schirmpilze und Schopftintlinge und Stockschwämmchen ... Vielleicht verwechsle ich auch die Namen, es ist schon so lange her ... ich träume noch davon ... Pause. Einmal hat er einen Rö'hrling gefunden, der nicht in seinem Buch stand. Er ist am nächsten Tag bis in die Stadt gegangen, um sich zu erkundigen. Niemand kannte diesen Röhrling. Er hat ihn den Philippardus genannt, um mir eine Freude zu machen. Wir haben nie wieder einen gefunden. Pause. Gegen elf machten wir Frühstückspause, östlich der Schlucht sind ein paar Felsen. Wir hatten nasse Füße. Der Käse schmeckte schon nach Brotbeutel... und der Beaujolais war warm geworden... Pause. Wieder sagte ich mir, hoffentlich hält das an ... ich konnte mich nicht mehr losreißen ... Pause. Er sagte nichts, er sah zur Schlucht und kaute an seinem Käse ... Sein Hut war ganz grau geworden ... es war ein brauner Filz, der noch aus der Zeit vor dem Krieg stammte... Wir wechselten uns mit der Flasche ab ... Wir mußten Platz in seinem Brotbeutel machen, um da auch Pilze hineinzutun ... die leere Flasche warfen wir in die Schlucht... ich höre noch das Geräusch... Pause. Fräulein Arlane hat uns eines Tages dort entdeckt, sie sammelte Steinpilze. Sie hat uns ins Schloß eingeladen, um ihren Beaujolais zu kosten. Wir sind mit ihr gegangen. Es war das erste Mal, daß ich im Schloß war, und das letzte. Sie lachte, als sie meine Verlegenheit sah. Pause. Ich glaube, sie war es, sie hat mich als erste Mahu genannt... Sie hatte oft solche Ideen ...

- Wer war Fräulein Arlane?

~ Die Besitzerin von Bonne-Mesure. Sie ist schon lange tot. Ihr gehörte fast der ganze Wald. Sie hatte Mortin erlaubt, In ihrem Besitz Pilze zu sammeln ... sie war eigenartig, sie sah wie eine Bäuerin aus... ein dicker Schal und kleine Mausaugen und ganz struppige weiße Haare. i Wir haben ihrem Beaujolais reichlich zugesprochen ... er war nicht besser als unsrer, aber die Gelegenheit... Sie erzählte uns Familiengeschichten, von ihren Großvätern, ihren Großmüttern, allen bis zu den Kreuzzügen ... im Flur stand ein Diener und wartete, daß wir wieder gingen, er fürchtete, daß seine Herrin zu weit gehen könnte ... es hieß, sie sei scharf auf Männer, aber an diesem Tag habe ich nichts gemerkt... oder vielleicht haben wir ihr nicht gefallen... Pause. Fräulein Ariane... Pause. Sie war häßlich wie mein A ... o Verzeihung. Pause. Wo war ich stehengeblieben... Pause. Wir frühstückten... Mortins Hut... eines Tages hat er ihn im Wald verloren, wir sind an alle Stellen zurückgegangen, an denen wir gewesen waren, er wollte es nicht aufgeben, schließlich haben wir ihn auf der Lichtung zum Gehenkten wiedergefunden ... eine schöne Geschichte ... die einen sagen Judas, die andern die Hexe Vasua ... Sie stellte mit den jungen Leuten aus der Gegend merkwürdige Sachen an... irgendwo ist das aufgeschrieben ...  - Robert Pinget, Monsieur Mortin. Frankfurt am Main 1966

Pilz

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