Phlegmatiker  Es gibt schließlich noch Männer, die ein fettes, weißes und trockenes Gehirn haben, weil die Äderchen ihres Gehirnes mehr weiß als rot sind. Deren Augen sind groß und garstig. Ihr Antlitz hat Weiberfarbe, ihre Haut kein heiteres Aussehen, sondern eine erloschene Farbe, ihre Adern sind weit und weich, ohne viel Blut... In ihren Gedanken und ihren Worten sind sie kühn und tüchtig wie das Feuer, dessen Flamme bald plötzlich aufloht und plötzlich wieder zusammensinkt. Auch in ihrem Auftreten zeigen sie sich kühn; in ihren Werken jedoch findet sich diese Kühnheit nicht.  Der Wind in ihren Lenden hat nur ein ganz mäßiges Feuer, so daß er nur ein wenig wärmt wie Wasser, das kaum warm ist. Und die beiden Häuser, die wie Blasebälge das Feuer erwecken sollten, sind in ihrer Schwäche verlassen und haben nicht Kraft genug, den Stamm aufzurichten, weil in ihnen nicht die Fülle des Feuers ist. In ihrer Umarmung können sie geliebt werden; sie vermögen auch gut mit Männern und Frauen zusammenzuleben, weil sie treu sind. Und weil Samen nach Männerart nicht in ihnen sein kann, so zeigen sie auch weder im Barte noch in anderen derartigen Dingen Männlichkeit. Weil sie aber den Neid nicht kennen, lieben sie in ihrer gutmütigen Art bei ihrer schwachen Natur die Frauen, die ebenfalls schwach sind, weil das Weib in seiner Schwäche wie ein Knabe ist. Dabei erwärmen sich diese Männer etwas, so daß ihnen ein bißchen Bart wächst, der aussieht wie ein Land, das ein bißchen Gras hervorsprießen läßt. Des Pfluges Vollkommenheit haben sie jedoch nicht und können also die Erde nicht besteigen, denn sie vermögen sich mit den Weibern nicht wie fruchtbare Männer zu verbinden, sie sind ja unfruchtbar. Daher leiden sie in ihrer Seele nicht viel an der Lust, höchstens haben sie zuweilen eine Vorstellung davon und den Wunsch danach. Und weil dieser Mangel ihrem Körper anhaftet, ist auch ihr Geist träge.   - (bin)

Phlegmatiker (2)  Tatsächlich brauchen Gorillas nur die Hand auszustrecken, um einen schmackhaften Bissen zu ergattern, deshalb sind sie im Grunde genommen auch recht apathisch. Sie haben keine Überlebensprobleme und sehen sich nicht gezwungen zu kämpfen. Selbst ihre sexuellen Beziehungen sind flüchtig und von geringer Tragweite. Sie übertreiben nie. Was sagen Sie? Na so was, jetzt kommen Sie mir ja wie eine Puritanerin daher! Nein, nein, achten Sie nicht auf das, was ich sage, es war nur ein Scherz. Auch mir scheint es lobenswert, daß die Gorillas bei diesen natürlichen Bedürfnissen so zurückhaltend sind. Manchmal denke ich, daß wir Männer uns ein Beispiel an ihnen nehmen und uns ein wenig phlegmatischer in Liebesdingen zeigen sollten. Die Männer und natürlich auch die Löwen. Warum die Löwen, fragen Sie mich? Weil die Löwen, meine Freundin, ebenfalls sehr stürmisch sind.  - Javier Tomeo, Der Löwenjäger. Berlin 1988
 
 

 

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