erson
Ein Mensch von unstetem Charakter
ist nicht eine einzige Person; er setzt sich aus mehreren Menschen
zusammen: er nimmt eine neue Gestalt an, sooft sein Geschmack
und sein Gehaben sich ändern; er ist in Jedem Augenblick
anders als er vorher war, und bald wird
er so sein, wie er noch nie gewesen ist: er tritt stets seine
eigene Nachfolge an. Fragen Sie
nicht nach seinem Temperament, sondern
nach seinen Temperamenten; nicht nach seiner Gemütsart, sondern
danach, wie viele er besitzt. Täuschen Sie sich vielleicht nicht?
Ist das wirklich Euthycrat, den Sie ansprechen? Wie kühl
er Sie heute behandelt! Gestern lief er Ihnen nach, überschüttete
Sie mit Freundlichkeiten, Sie erregten die Eifersucht seiner
Freunde: kennt er Sie überhaupt? Nennen Sie ihm doch Ihren Namen!
- (
bru
)
Person (2) Abends gesellt
sich ein gutmütiger Alter zu uns; er hat Bonaparte gekannt und
gibt uns eine genaue Beschreibung seiner Person: »Klein, bartlos,
das schönste Gesicht, das er je gesehen
habe, schön wie eine Frau, mit gelbblonden Haaren; er gab unterschiedslos
Almosen an Juden, Christen und Mohammedaner«. Der gute Alte sagt
uns, daß er sich langweile, und möchte,
daß wir ihn mit in unser Land nehmen. Er ist ein Opiumraucher;
die einzige Wirkung, die das bei ihm zeitigt, ist, daß er länger
auf seiner Frau bleibt, manchmal bis zu einer Stunde. Früher
war er sehr reich, war 21 mal verheiratet und ist jetzt ruiniert.
- (
orient
)
Person (3) Es war eine weibliche weiße Person. Sie hatte helle Haut und rote Haare. Sie war ungefähr 40 Jahre alt. Sie lag flach auf dem Rücken - auf einer efeubewachsenen Stelle ein paar Zentimeter vom Bordstein der King's Row entfernt.
Ihr rechter Arm war nach oben gebogen. Ihre rechte Hand ruhte ein paar Zentimeter über ihrem Kopf. Ihr linker Arm war im Ellenbogen gebeugt und lag über ihrer Taille. Ihre linke Hand war zur Faust geballt. Ihre Beine waren ausgestreckt.
Sie trug ein rundausgeschnittenes, ärmelloses Kleid in Hell- und Dunkelblau. Ein dunkelblauer Mantel mit dazu passendem Futter war über ihren Unterleib drapiert.
Man konnte ihre Füße und Knöchel sehen. Ihr rechter Fuß war nackt. Ein Nylonstrumpf war bis zu ihrem linken Knöchel hinabgerutscht.
Ihr Kleid war verrutscht. Ihre Arme waren von Insektenstichen
übersät. Sie hatte blaue Flecken im Gesicht, und ihre Zunge
quoll hervor. Ihr Büstenhalter war offen und über ihre Brüste
hochgerutscht. Ein Nylonstrumpf und eine Baumwollschnur lagen
um ihren Hals. Beide Schlingen waren fest
verknotet. - James Ellroy, Die Rothaaarige. Berlin 1999 (zuerst
1996)
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