- Georges Pichard
eitschengriff (2) Das
Bett war von einem schweren dunklen Fell mit starken,
glänzenden Haaren bedeckt. Endlich erkannte er ihn in dem schwarzen Fell. Als
er ihn sah, empfand Urbina eine heftige Erschütterung (aber sie wäre ebenso
heftig gewesen, wenn er auf dem Bett eine Ratte entdeckt
hätte). Rudolf war ein sehr kleines, ein wahrhaft winziges Männchen:
eine Handspanne groß, das heißt, daß die Dimensionen der von den Jivaros geschrumpften
Mumien annähernd die seinen waren. Was das Aussehen der Haut, der Haare und
der Augen anbetraf, gab es allerdings einen bemerkenswerten Unterschied zu den
Mumien. Bei diesen ist die Haut ausgedörrt, schwärzlich - soviel ich weiß -,
wie verbrannt, das Haar ist stumpf, und die Augen sind tot. Die Augen Rudolfs
schienen jedoch ein stolzes Feuer auszustrahlen, das Haar war kurz geschnitten,
und die Haut hatte die ein wenig glänzende Tönung von Rohleder, das durch jahrelangen
Gebrauch abgewetzt ist. Urbina sagte, daß ihn Rudolf (trotz des lächerlichen
kleinen Anzugs, den er trug) an den Griff einer alten Lederpeitsche erinnerte,
an einen Peitschengriff mit einem Faunsgesicht. Tatsächlich
glaubte er in der Zeichnung der Augen, der Nase, des Mundes einen faunischen,
freilich nicht göttlichen, sondern primitiven und irdischen Ausdruck wahrzunehmen.
Gelb und wild glänzten die Zähne zwischen Lippen von einem leuchtenden Rot.
Die Narben, die auf den Fotos im Ankleidezimmer zu sehen waren, zeichneten ihm
mit zwei Winkeln die Wangen. Rudolf saß m einer beinahe majestätischen Haltung
zwischen den Haaren der Decke; in der rechten Hand hielt er das Zepter.
Aus Scham sah ihn Urbina nicht direkt an, sondern durch den Spiegel des Kleiderschranks.
Plötzlich bemerkte er, daß das Männchen das Zepter fallen ließ und, um etwas
bittend, beide Arme nach ihm ausstreckte. Ohne weiterer Erklärungen zu bedürfen,
so als wäre die Gebärde ganz natürlich, hielt ihm Urbina nicht ohne Angst den
Zeigefinger hin. Das Männchen nahm ihn zwischen seine
Hände, brach in ein Gequietsche aus und biß hinein. - Adolfo Bioy Casares,
Die fremde Dienerin. Frankfurt am Main 1983
Peitschengriff (2)
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