atientin Richard
Selzers kurze Geschichte Racoon handelt von der Visite
eines Chirurgen bei einer Patientin, die sich gerade
von einer Unterleibsoperation erholt. Sie ignoriert sein vorsichtiges Klopfen
und ist, versteckt in der Toilette, mit irgend etwas Geheimem beschäftigt. Besorgt
dringt der Chirurg ein und entdeckt, wie sie nach vorne gebeugt dasitzt und
ihren Arm bis zum Ellenbogen in der frisch geöffneten Operationswunde hat. Entsetzt
drängt er sie zurück ins Bett und beginnt hastig, die Wunde wieder zu schließen.
Dabei sucht er nach einer Erklärung für die schreckliche Szene, die er gerade
entdeckt hatte. Die Frau bleibt ruhig. Dann erlebt der Chirurg einen Moment
plötzlicher Erkenntnis, wie er charakteristisch für Selzers Werk ist. Die Erkenntnis,
zu der er gelangt, legt die Grenzen des Wissens bloß. Die Geschichte schließt:
»Auf einmal wußte ich, wonach sie tief in ihrem Körper gesucht hatte. Nach ihrem
Schmerz! Sie wollte den heißen, noch zischenden Klumpen
Schmerz von sich schleudern. Fast hatte ich ihn, hatte sie gesagt. Sie hätten
warten sollen, hatte sie gesagt.« - Nach: David B. Morris, Geschichte des Schmerzes. Frankfurt am Main 1996
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