Parade

 

- B. Kliban

Parade (2) POSSENSPIEL VOR DEM VORHANG Sehr handfeste Burschen. Mehrere haben eure Dämonen schon unsicher gemacht. Bedürfnislos und wenig darauf erpicht, ihre glänzenden Fähigkeiten und die Erfahrungen, die sie mit eurem Gewissen gemacht haben, zu verwerten. Was für reife Menschen! Augen, stumpf wie die Sommernacht, rot und schwarz, dreifarbig, von Stahl, der mit goldenen Sternen beschlagen ist; verzerrte Visagen, bleigrau, fahl, verbrannt, närrische Heiserkeiten! Der grausame Gang der prunkvollen Nichtigkeiten! — Unter ihnen einige junge Leute — wie würden sie Cherubin betrachten? — die mit schreckenerregenden Stimmen und mit einigen gefährlichen Kniffen begabt sind. Man schickt sie, ausstaffiert mit widerlichem Luxus in die Städte, damit sie dort den Rücken voll kriegen.

Oh, das ärgste Paradies der tollen Grimasse! Kein Vergleich mit euren Fakirn und den anderen theatralischen Possenreißereien, In eiligst zusammengestoppelten Kostümen, im Geschmack schlechter Träume, spielen sie Bänkelsängermoritaten, Tragödien von Landstreichern und witzigen Halbgöttern, etwas, was die Geschichte und die Religionen niemals gewesen sind. Chinesen, Hottentotten, Zigeuner, Idioten, Hyänen, Moloche, greisenhafte Besessene, unheimliche Dämonen, mischen sie die volkstümlichen, von der Mutter her vertrauten Kunststückchen mit den bestialischen Gespreiztheiten und Zärtlichkeiten. Sie würden auch ganz neue Stücke und Lieder von <gefälligen Mädchen» zum Vortrag bringen. Meisterhafte Taschenspieler, wie sie sind, verwandeln sie den Ort und die Personen und bedienen sich der Tricks des Magnetismus. Die Augen flackern, das Blut singt, die Knochen dehnen sich, die Tranen und rote Fäden rinnen nur so. Ihre spaßhaften oder schrek-kenerregenden Verführungen dauern eine Minute oder ganze Monate.

 Ich allein besitze den Schlüssel zu diesem wilden Possenspiel.  - Arthur Rimbaud, Farbstiche (Illuminations). Nach: (rim)

Parade (3)   Der japanische General nimmt eine Parade der europäischen Armeen ab. Seine Hose ist so lang, daß sie in Korkzieherfalten auf seinen Schuhen steht. Inmitten der Armeen steht ein Bischof im Spitzenchorhemd vor einem Küchentisch. Der Bischof ist feist, er hat ein paar Borsten am Kinn und wässerige Augen. Der Japaner möchte den Bischof gern in Grund und Boden verfluchen, doch er bemerkt, daß er ihm schon einmal in Gesellschaft begegnet ist; er schaut ihn an, grüßt und geht vorüber.  - Max Jacob, Der Würfelbecher. Frankfurt am Main 1968 (zuerst 1917/23)
 
 

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