apsttöchter
Dem Bärnhäuter war es doch lieb, wieder unter
Menschen zu kommen, weil er das Sprechen fast verlernt hatte, er ließ sich vom
Geist recht vergnügt übers Meer nach Deutschland führen, nach Graubünden, weil
es dort in damaliger Zeit am schmutzigsten auf dem ganzen Erdboden war. Dennoch
wollte ihn da kein Wirt aufnehmen, bis er eine Handvoll Dublonen und eine Handvoll
Piaster einem ins Gesichte warf; der räumte ihm seine besten Zimmer ein, daß
er die gewöhnlichen Gäste von dem Hause nicht zurückschrecken möchte. Als aber
der Papst, der mit gemalten Bildern die ganze Christenheit
reeiert, durch Graubünden kam, von dem Conzilio nach Rom zurück zu reisen, da
trat der Geist zu dem Bärnhäuter und malte sein Zimmer mit allen merkwürdigen
Menschen der Welt, sowohl denen, die gelebt, als die künftig noch leben werden,
wie den Antichristen und das Jüngste Gericht, worüber der Wirt sich nicht wenig
verwunderte, aber dennoch den Bärnhäuter zwang, die Nacht, wo der Papst bei
ihm einkehrte, seine Zimmer einzuräumen und im Schweinestall zu schlafen, den
Papst aber legte er in das vom Bärnhäuter schön gemalte Zimmer. Als der Papst
am andern Morgen aufwachte, war das erste, daß er sich nach dem wunderbaren
Maler erkundigte, der das Zimmer so künstlich verziert habe. Der Wirt erzählte
ihm, was er von ihm wußte und mußte ihn dann aus dem Schweinestall herauf kommen
lassen. Der Papst aber grüßte ihn freundlich, fragte ihn, wer er wäre und der
Landsknecht nannte sich Bärnhäuter; darauf fragte ihn der Papst, ob er diese
herrlichen Bilder gemalte ›Wer sonst‹, sprach der Bärnhäuter. Da rühmte ihn
der Papst, als den ersten Maler der Welt und sagte ihm, er habe drei natürliche
Töchter, die er sehr liebe, die älteste heiße Vergangenheit,
die andre Gegenwart, die dritte Zukunft,
wenn er ihm die so malen könnte, daß er wüßte, wie jede nach einer Reihe von
Jahren aussähe, so wolle er ihm die zur Frau geben, welche ihm am besten gefalle.
Der Bärnhäuter versprach alles in Hoffnung auf: seinen Geist. Der Papst redete
darauf weiter: ›Du könntest mir aber leicht einbilden, daß sie sich also verwandeln
möchten und wenn es nicht zuträfe, hättest du doch inzwischen meiner Tochter
Liebe genossen, darum stelle ich dich auf eine Probe. Ich zeige dir nur meine
jüngste Tochter Zukunft und du mußt aus ihrem Anblicke die beiden älteren, Gegenwart
und Vergangenheit malen, bestehst du diese, so ist das Mädchen dein, bestehst
du sie nicht, so verfällt mir dein großes Vermögen, wovon mir der Wirt erzählt
hat.‹ Bärnhäuter ging alles ein, lief neben dem Wagen des Papstes her und hielt
ihn, wenn er umfallen wollte, und so kamen beide ohne Schaden nach Rom. Gleich
am Abend stellte ihm der Papst seine Tochter Zukunft vor, die sehr schön war,
aber zweierlei Farbe von Haaren auf ihrem Kopfe trug; Bärnhäuter verliebte sich
gleich, sie aber entsetzte sich über seinen Anblick. Als sie fort war, rief
er seinen Geist, der mit einem Farbetopfe und einem. Pinsel geflogen kam und
die Bilder der beiden altern Schwestern sogleich anfertigte. Als Bärnhäuter
das Bild der Gegenwart gemalt sah, vergaß er darüber der gehebten Zukunft und
weinte, daß er diese nicht bekommen könnte. Der Geist tröstete ihn und sprach:
in einem halben Jahre würde seine Braut dieser ähnlich und gleich sein, und
so hätte er in diesem Bilde auch das vom Papste verlangte Bild, wie die Tochter
in einer gewissen Zeit aussehen werde; in dem Bilde der Vergangenheit, werde
er aber gleich sehen, wie die Gegenwart künftig aussehen müsse. - Der Geist
malte dieses Bild der Vergangenheit und es gefiel dem Bärnhäuter nicht. Als
dieser nun aber vom Geiste verlangte, er solle ihm das Bild der Vergangenheit
malen, wie sie künftig aussehe, da wischte der Geist seinen Pinsel auf der Wand
aus und sagte: ›Entweder so wie die Wolken, daß nichts zu erkennen, oder wie
das Bild der Zukunft, das du im Herzen trägst, und das ich dir niemals gut genug
malen würde!‹ Hier verschwand der Geist. Am Morgen zeigte der Bärnhäuter die
Bilder dem Papst, der sehr nachdenklich dabei wurde, ihn umarmte und seiner
jüngsten Tochter als Bräutigam vorstellte. Bärnhäuter war so voll Freude, daß
er nicht sah, wie seine Braut weinte, als er seinen Ring, der auseinander geschroben
werden konnte, mit ihr teilte, und ihr die Hälfte an den Finger steckte. Darauf
nahm er Abschied, denn so hatte ihm der Geist in der Nacht befohlen, - ich hatte
es zu erzählen vergessen - und ritt nach Deutschland zurück, um dort in Graubünden
sein siebentes Jahr noch auszuwarten; dann ging er nach Baden ins Bad, wo er
zu seiner Reinigung über ein halbes Jahr beständig
im Wasser lag und mit groben Besen abgebürstet wurde; ein Dutzend Messer wurden
stumpf, eh' ihm der Bart und das Haar abgeschoren waren. Als das beendigt, schaffte
er sich die kostbarsten Kleider an und eilte zu seiner Geliebten zurück. - Diese
war unterdessen in das Aussehen gerückt, was die Gegenwart damals hatte, sie
war sehr schön, aber immer traurig, weil sie sich vor ihrem Bräutigam fürchtete
und weil sie von den Schwestern, die keinen Mann bekommen, beständig seinetwegen
geneckt wurde. Eines Tages rief ein heller Trompetenschall alle drei Schwestern
ans Fenster, es zog ein schöner fremder Ritter mit vielen Knechten in die Stadt,
den sich die beiden ältesten sogleich zum Mann wünschten, und o Wunder, der
Ritter hielt vor dem Hause still, ließ auch um Erlaubnis bitten, ihnen aufzuwarten.
Sie bewilligten es gern und er gab sich für einen entfernten Verwandten von
ihnen aus, der eine von ihnen zu heiraten begehre und sich deswegen durch einige
Gaben empfehlen wolle. Die beiden Ältesten griffen begierig nach den Geschenken,
die Jüngste aber blieb einsam wie ein Turteltäubchcn; die beiden Ältesten bemühten
sich um seine Gunst, sie gefielen ihm aber gar nicht mehr, die Gegenwart sah
aus wie damals die Vergangenheit und die Vergangenheit hatte ein verwischtes
Gesicht, wie eine Alabasterstatue, die lange unter der Traufe gestanden, die
liebe Zukunft aber blühte in höchster Schönheit, ihre Haare glänzten in gleicher
heller Farbe. Dennoch stellte er sich erst den beiden Älteren geneigt, um die
Sinnesart der Jüngeren zu prüfen; als diese aber still und sittig blieb, während
jene stolzierten, erklärte er sie für seine Braut, indem er ihr die andre Hälfte
des Ringes am Finger anschraubte. Da war große Freude in der Verlassenen angezündet;
der Papst erschien und segnete beide ein. Als aber die Brautleute zu Bette gebracht
worden, ergriff die beiden älteren Schwestern eine Verzweifelung, daß sich die
eine erhenkte und die andre in den Brunnen stürzte. In der Nacht trat der Geist,
die beiden toten Mädchen im Arm, zum letztenmal zum Bärnhäuter und sagte: ›Du
hast alles erfüllt, was du mir gesollt, ich bin im Vorteil, ich habe mir zwei,
du dir eine Tochter geholt. Lebe wohl und bewahre deinen Schätze‹. - Achim von Arnim, Isabella
von Ägypten
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