»MORDNILAPSUSPALINDROM« - |
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Palindrom (2) Palindrome gibt es in
allen Sprachen, Als Wörter, als Sätze, als Gedichte, als ganze
Erzählungen, kürzere oder längere und mehr oder weniger sinnvolle. Das
längste Palindrom im Deutschen, das keinen Bindestrich enthält, ist
wahrscheinlich das Wort «Reliefpfeiler» mit dreizehn Buchstaben. Doch
wird es übertroffen vom Finnischen «Saippuakauppias» (Seifenhändler),
das fünfzehn Buchstaben enthält.
Berühmt ist der englische Palindromsatz «A man, a plan, a canal -
Panama» oder auch «Madam, I'm Adam». Im Französischen macht sich «Oh!
Cet écho!» und im Russischen z. B. «Dorog tot gorod» (Diese Stadt ist
teuer) ganz gut. Nicht ohne Tiefsüm ist - wie es sich gehört -der
lateinische Satz «In girum imus nocte et consumimur igni» (Wir kreisen
in der Nacht und werden vom Feuer verzehrt). Die britische Zeitschrift
New Statesman hat 1967 einen Wettbewerb ausgeschrieben, in dem der
längste und verständlichste Palindromsatz gefragt war. Preisgekrönt
wurde das Palindrom «Doc note, I dissent. A fast never prevents a
fatness. I diet on cod» von James Michie, das allerdings aus drei Sätzen
besteht.
Die Eigenschaft palindromischer Sätze, gleichermaßen vorwärts oder rückwärts gelesen werden zu können, eint sie mit Zaubersprüchen, die bekanntlich einen Zauber auslösen, wenn sie von links nach rechts gelesen bzw. gesprochen werden, und die ihn wieder aufheben, wenn man sie rückwärts hersagt. Die bekannteste solcher Zauberformeln ist der lateinische Satz «Sator Arepo tenet opera rotas» (Sämann Arepo dreht mit Mühe die Räder). Leider ist mir die Wirkung dieses Satzes bisher verborgen geblieben; es muss wohl noch eine geheime Bedingung geben, die eingehalten werden muss, damit das Vorwärts- oder Rückwärtslesen des Satzes etwas bewirkt oder verhindert. Faszinierend aber ist, dass sich aus diesem Satz eine Art magisches Quadrat bilden lässt, das von links oben oder von rechts unten beginnend Zeile für Zeile oder Spalte für Spalte gelesen werden kann und dabei immer ein und denselben Satz ergibt:
S A T O R
A R E P O
T E N E T
O P E R A
R O T A S.
Außerdem sind die Buchstabenfolgen in den Diagonalen jeweils palindromisch strukturiert: AA, TRT, OEEO, RPNPR, OO, TPT, AEEA und SRNRS.
Ein gutes Beispiel für ein palindromisches Gedicht bietet J. A. Lindon:
«As I was passing near the jail
I met a man, but hurried by,
His face was ghastly, grimly pale.
He had a gun: I wondered why
He had. A gun? I wondered ... why,
His face was ghastly! Grimly pale,
I met a man, but hurried by,
As I was passing near the jail.»
Dieses Gedicht zeichnet sich dadurch aus, dass es nur Zeile für Zeile
von oben nach unten oder von unten nach oben gelesen werden kann, nicht
aber Wort für Wort oder gar Buchstabe für Buchstabe. Die
«palindromische Einheit», bezüglich deren das Gedicht palindromisch
strukturiert ist, sind mithin nicht Buchstaben oder Wörter, sondern
ganze Gedichtzeilen, die um eine Zeile in der Mitte des Gedichts herum
zentriert sind. Die Symmetrieachse verläuft in diesem Fall zwischen den
beiden Zeilen, die mit «He had a gun ...» beginnen. - (kroeb)
Palindrom (3) Im Palindrom jedenfalls thematisiert sich die Irreversibilität,
indem sie sich auffrißt - Mordnilapsuspalindrom: »Ich habe Johann
Nestroys Zivilisationsgroteskc vom Häuptling Abendwind oder dem
greulichen Festmahl bis auf die Knöcheichen abgenagt, die meine
Knöchelchen sind. Denn die reale Menschenfresserei
(Anthropophagisrnus) ist eine vom Standpunkt des Menschen auf sich
selbst bezogene Art des Verzehrs, die im Mund, also mit der Zunge oder
Sprache beginnt, im Zwerchfell sich umstülpt und an den Extremitäten
endet, also ein palindromitischer Vorgang der Einverleibung
und Entäußerung, kurzum ein Text, der mit sich hadert, nicht
metaphysisch, sondern tatsächlich, also vom Anfang, der schon sein Ende
ist, über ein dubioses Scharnier zu einem Ende, das schon im Anfang war,
das Won. An sich ein verzweifelnder Vorgang der Rücksicht auf der und
aul die Zeilachse, die ja nur in einer Richtung läuft, eine entsetzliche
Geschichte mit Südseezaubcr im Abendwind. Wer im Kessel sitzt, kennt
das Scharnier. Noch hängt die Syntax in Fasern dran. Das sind die
Palindrome, an denen sich Sprecher noch einmal aus dem Schlamassel
ziehen.« - (palin)
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