Palazzo  Der weite und ruinenhafte Aspekt der leeren Gassen und Plätzchen, die geräumige Kühle, die schimmelige Feuchtigkeit, der weitreichende Mangel an Komfort der verwitterten Häuser, die allesamt, auch die ärmlichsten, wie unbewohnte Palazzi wirken: plötzlich fand ich in diesen Perspektiven der Arkadengänge und in diesen moosbefleckten Gemäuern, an denen noch ein verfaulender Adel hervortritt, das ganze Italien wieder, und zwar - zu meiner Überraschung — so unwirtlich, wie man es sich weder vorstellt noch erwartet, in der prallen Sonne in den Halbschatten des Kellers getaucht, kahl, weitläufig und rechteckig, mit der bohrenden Kälte seiner Arkaden und seiner marmorgetäfelten Räume mit den schimmelgrünen Winkeln, die leer dastehen wie nach einer Pfändung.   - (grac2)

Palazzo (2)  Die beiden Jungen verbeugten sich zum Handkuß. Der ältere war fast kahlgeschoren, der andere trug eine Haarfülle zur Schau, die ihm in lockeren Büscheln ins Gesicht und auf die Schultern fiel. Sie führten uns in eine große Vorhalle, wo die ständigen Überschwemmungen die Marmorplatten des Fußbodens aufgeworfen hatten; und von da stiegen wir eine von Büsten des 17. und 18. Jahrhunderts gesäumte herrschaftliche Treppe hinauf in die obere Halle.

Zwischen weit auseinanderliegenden Türen, unter den mythologischen Fresken des Deckengewölbes, warteten langgestreckte Diwane im Staub auf den Wiederbeginn der Tänze. Eine graue Katze schritt langsam mit erhobenem Schwanz unter den bunten Armen des riesigen Glasleuchters vorüber, lief aber weg, als Chiara sich bückte, um sie zu streicheln. Nach einem weiteren Stockwerk wurde die Treppe schmaler, die Stufen waren nun aus grobbehauenem Stein. Auf einem Absatz stand eine dunkle Sänfte mit zerfetzten Lederbezügen, die Tür mit Draht festgemacht.

»Schade«, sagte Chiara halblaut.

»Äh, ich weiß«, kommentierte der ältere Junge mit absoluter Gleichgültigkeit.

Eine x-beliebige Tür führte auf einen Korridor mit extrem niedriger Decke und zahlreichen Fensterchen an der Längsseite. Dann kam eine Rumpelkammer, wo Stühle und Sessel in einem wirren Durcheinander von abgebrochenen Beinen und geborstenen Lehnen überein-andergetürmt waren. Und schließlich ging es jenseits eines mottenzerfressenen Vorhangs aus schwerem floh-farbenem Tuch zwei Stufen hinunter und nach einer jähen Biegung wieder in eine Art Halle ohne Fenster und Dachluken, die mittelmäßig von einer Deckenlampe beleuchtet wurde und mit einem langen Tisch und zwei gestrichenen Holzbänken ausgestattet war.

Ringsherum, an den gelbgetünchten und von einem Netz staubiger Risse überzogenen Wänden, waren die Bilder der Sammlung aufgehängt, ungefähr dreißig, in einer Reihe oder in zwei Reihen übereinander, je nach ihrer Größe, die übrigens ziemlich einheitlich war und zwischen ein paar Dezimetern und höchstens einem Meter Seitenlänge rangierte.

»Also, ich geh wieder runter zur Großmutter«, verabschiedete sich der Kahlrasierte. »Er«, er deutete auf den Bruder und auf zwei verstellbare Stehlampen, die durch lange Kabel mit zwei Steckdosen in der Ecke verbunden waren, »er hilft Ihnen, die Scheinwerfer zu richten, wenn Sie besser sehen wollen.«  - Fruttero & Lucrntini, Liebhaber ohne festen Wohnsitz. München 1990

 

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