rkan  Der Bug des Schiffes stampfte, schlug, stieß und donnerte  über und in die Gegenseen, und mit einem furchtbaren ziehenden Geräusch rollte unser ganzer Schiffsrumpf in dem Gischttrog. Der Sturm fegte quer über das Deck, und jedes Segel schien unter seinem wütenden Hauch zu bersten. Alle Schiemänner und mehrere der Vorderkastellgasten wimmelten um das Doppelrad auf dem Achterdeck. Einige sprangen, die Hände an den Speichen, auf und nieder, denn das Ruder und das ganze Schiff vibrierten fiebernd wie lebend unter dem darüber hintobenden Orkan.

„Ruder hart nach Luv!" schrie Kapitän Claret, der wie ein Geist im Schlafanzug aus seiner Kajüte herausstürzte.

„Hol euch der Teufel!" brüllte der Tolle Jack die Schiemänner an. „Hart nach Lee - hart nach Lee, sag ich, sonst hol euch der Teufel!"

Gegensätzliche Befehle! Aber der des Tollen Jack wurde befolgt. Seine Absicht war es, das Schiff in den Wind zu drehen, damit die Marssegel besser dichtgerefft werden konnten. Aber, obgleich die Fallen gefiert wurden, war es infolge des ungeheuren waagerechten Drucks auf die Leinwand unmöglich, die Rahen aufzugeien. Nun blies ein Orkan. In Fluten flog der Gischt über das Schiff. Unter dem unendlichen Druck der drei vollen Marssegel schienen die drei riesigen Masten in jedem Augenblick abbrechen zu wollen.

„Aufgeien! Aufgeien!" schrie der Tolle Jack, heiser vor Aufregung und schlug in einem Wutanfall mit dem Sprachrohr gegen eins der Wanttaue. Aber bei der Schlagseite des Schiffes ließ sich das nicht durchführen. Es war klar, daß innerhalb weniger Minuten etwas zu Bruch gehen mußte - Segel, Takelwerk oder Stengen, vielleicht das Schiff selbst und alle Mann.

Plötzlich rief eine Stimme vom Topp, im Großmarssegel sei ein Riß. Und dann hörten wir einen Knall wie von zwei oder drei gleichzeitig abgefeuerten Musketen; das riesige Segel war von oben bis unten zerrissen wie der Vorhang des Tempels. Das rettete den Großmast, denn nun wurde die Rahe verhältnismäßig leicht aufgegeit, und die Toppgasten machten sich daran, die beschädigte Leinwand zu bergen. Bald waren auch die beiden anderen Marssegel aufgegeit und dichtgerefft.

Über all dem Brüllen des Sturmes und dem Geschrei der Mannschaft hörte man das durch das heftige Rollen des Schiffes verursachte trübselige Schlagen der Schiffsglocke, die fast so groß war wie die einer Dorfkirche. Keine Einbildung vermag sich das Grausige eines solchen Klanges in einer Sturmnacht auf See vorzustellen.

„Stoppt das Gespenst!" brüllte der Tolle Jack. „Los, einer von euch, und dreht ihm den Klöppel ab!"   - (weiss)

Orkan (2)

Orkan auf der Nordsee

- Hubert Sattler

Orkan (3)  Ein mächtiges Brausen erfüllte die Luft. Das Haus erbebte. Die Fenster klirrten, zwei Scheiben zerbrachen, ein Windstoß fuhr herein und wehte die Männer fast um. Die gegenüberliegende Tür flog zu, daß der Türgriff in Stücke ging. Die Scherben des weißen Türknopfes bedeckten den Boden. Die Zimmerwände bauschten sich auf wie ein Luftballon, der plötzlich gefüllt wird. Ein neuer Laut drang herein; der Gischt einer neuen riesenhaften Woge prallte wie Flintengeknatter gegen die Hauswand. Kapitän Lynch warf einen Blick auf die Uhr. Es war vier. Er zog eine Lotsenjacke über, nahm das Barometer vom Haken und versenkte es m einer der weiten Taschen. Abermals traf eine wuchtige See das Haus; das leichte Gebäude kippte über, drehte sich über der Grundmauer um neunzig Grad und fiel in sich zusammen; der Fußboden war zu einer schiefen, um zehn Grad geneigten Ebene geworden. Raoul ging zuerst hinaus. Der Wind packte ihn und riß ihn mit sich fort. Immerhin bemerkte er, daß sich der Sturm nach Osten gedreht hatte. Er ließ sich zu Boden fallen, und, sich flach niederdrückend, krallte er sich mit großer Anstrengung fest. Kapitän Lynch wurde wie ein Bündel Stroh herangeweht und fiel der Länge nach mit gespreizten Gliedern über ihn. Zwei Matrosen der Aorai ließen die von ihnen umklammerten Kokospalmen los und kamen zu Hilfe; sich in den unmöglichsten Winkeln gegen den Sturm stemmend, kämpften sie sich vorwärts,  sich jeden Zoll  an die Korallen klammernd.

Der alte Mann konnte mit seinen steifen Gelenken nicht mehr klettern; so zogen ihn die Matrosen an einem aus den kurzen Enden zusammengeknoteten Seil stückweise den Stamm hinauf, bis sie ihn in der Baumkrone fünfzig Fuß über der Erde festbinden konnten. - Jack London, Das Haus Mapuhis. In: J. L., Die konzentrischen Tode. Stuttgart 1983  (Die Bibliothek von Babel, Bd. 14, Hg. Jorge Luis Borges)

Orkan (4)

 

Sturm

 

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