Opfer, nicht angenommenes   Warum sollte die Gabe der Gliedmaßen toter Kinder den Teufel, dessen Feindseligkeit und Schweigen ihn bedrücken, nicht besänftigen können? Eustache Blanchet, dieser zweifelnde, zaghafte und unbeständige Mensch, hat ihm das durch Henriet und Poitou in Andeutungen suggeriert: ihr Gebieter würde, sagte er zu den beiden, was er begonnen habe, nicht vollenden können, ohne dem Teufel Füße, Hände oder andere Glieder ermordeter Kinder darzubringen.

Die Ungeduld von Gilles, den Teufel zu sehen, wächst von Tag zu Tag, und Prelati — wie er später gesteht — bedeutet ihm, wenn er wolle, daß ihm der Böse erscheine und mit ihm spreche, so müsse er ihm einen Hahn, einen Hund oder eine Taube darbringen..., und wenn er stark wolle, was er wünsche, dann käme es darauf an, einige Glieder von Kindern darzubringen.

ßlanchet konnte einen Vorschlag von Prelati wiederholen. Aus der Aussage von Gilles geht hervor, daß Prelati selbst behauptet hat, der Teufel fordere das Geschenk einer bestimmten Zahl toter Kinder.

Prelati berichtet, daß er in dem großen Saal in Tiffauges, in dem die Beschwörungen stattfanden (nicht im Zimmer Sire de Rais'), ein totes Kind liegen gesehen habe. Er sah es in Gegenwart von Gilles de Sille, der es nach Prelatis Meinung eben gerade getötet hatte.

Er habe dieses tote Kind ein Jahr vor seiner Aussage gesehen, folglich um den 16. Oktober 1439. Aber er sagt uns nicht, daß es dem Teufel geopfert worden sei. Wäre Gilles so bald darauf eingegangen? Möglicherweise konnte er bei aller Verderbtheit doch nicht ohne Zaudern dem Teufel Kinder opfern. Wir können annehmen, daß Prelati ihn — wenn er von Gliedern, im einzelnen von der Hand, dem Herzen und von den Augen — spricht, in Schrecken versetzen will. Er kennt Gilles' Ängste. Mit diesem Spiel kann er Zeit gewinnen.

Schließlich willigt der vor dem Teufel zitternde Mörder ein; aber in welchem Zustand des Entsetzens!

Eines Tages legt er in Gegenwart von Poitou in seinem Zimmer die Hand (Poitou weiß nicht, ob es die rechte oder die linke ist) und das Herz eines Kindes in ein Glas und bedeckt es mit einem feinen Leinentuch. Dann steckt er das Glas in seinen Ärmel (die Ärmel sind damals lang und weit). So begibt er sich in Prelatis Zimmer. Vielleicht sind in dem Glas auch die Augen des Kindes und Blut von ihm. Es gab anscheinend nur eine Opferung: etliche Berichte sind verschieden, aber in den Einzelheiten gibt es keinen wesentlichen Widerspruch zwischen ihnen. François Prelati bietet das schreckliche Opfer dem angerufenen Teufel an, aber der Teufel erscheint nicht. Kurz darauf begräbt er selbst die schrecklichen Überbleibsel in geweihter Erde neben der Kapelle des Schlosses.   - Georges Bataille, Gilles de Rais. Frankfurt/Main, Berlin, Wien 1975 (zuerst 1965)

 

Opfer Annehmem

 

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