Onkel James  Seine Bühnenshow dauert eine volle Stunde, und die ganze Zeit macht er nichts anderes, als Panik aufzubauen, hämmert und schlägt, kreischt, fällt auf die Knie in gespielter Höllenqual wie ein heulender schwarzer Johnnie Ray Mann, schlurft und schreitet über die Bühne mit hin und her schlagenden Beinen wie ein zwergenhafter Neger Groucho Marx. Und seine Band stampft im Hintergrund, und seine Tänzer machen ihre Pirouetten, und seine Drummer schlagen um sich. Und dann fängt er an zu tanzen, ein schnellerer Mick Jagger, enge schwarze Hosen und Beine wie Propellerflügel, und er ist einfach phantastisch.

Bei ‹Prisoner Of Love› geht er weg vom Mikrophon und ruft den Titel in der Dunkelheit. Sehr dünn und weit entfernt, immer nur diese drei Wörter wiederholend. Und dann kommt er zurück ins Scheinwerferlicht, hin zum Mikrophon, und er bricht aus in eine Reihe von Schreien, wahnsinnigen gequälten KSageschreien, die jeweils zehn Sekunden dauern. Wahrscheinlich sind sie die lautesten Geräusche, die man je einen Menschen hat machen hören, und physisch kann man ihnen einfach nicht entkommen. So bearbeitet er einen. So macht er einen kaputt und schlägt einen zusammen.

Dann am Ende seiner Stunde, bei ‹Please, Please, Please›, da tut er so, als bräche er zusammen, und wird von einem Helfer eilig von der Bühne geleitet, die Schultern mit einem blauen Gewand bedeckt. Wenn er an der Seite verschwunden ist, dann bricht er plötzlich wieder los, rast zurück zum Mikrophon, schreit noch ein paar Takte und fällt dann wieder in sich zusammen. Diesmal wird ihm ein roter Mantel übergelegt. Dann kommen noch der silberne, der goldene und der leopardengefleckte. Niemals geht er ganz vor seinem fünften Anlauf.

Natürlich, er macht eine schreckliche Schau daraus, und es ist so kalkuliert und wird so präzise einstudiert, daß Brown seine Musiker jedesmal bestraft, wenn sie einen Fehler machen, ja sogar, wenn ihre Schuhe nicht genug auf Hochglanz geputzt sind. Aber unter der Oberfläche all dieser Mätzchenhaftigkeit, da ist es sexuell und bedrohlich und echt empfunden. Und es ist auch eine schwarze Show, eine Apollo-Show, und kein weißer Mann könnte jemals ganz da einsteigen. Mehr als alles andere ist das der springende Punkt an ihm.

Er ist ein solcher Tycoon. Abgesehen von all seinen Firmen hat er seine Musiker auch noch organisiert zu so etwas Ähnlichem wie einer Kooperative: sie zahlen einen Teil ihrer Gehälter ein und haben Anteile an der Organisation, besitzen gemeinschaftlich Grundbesitz und Geschäftsbeteiligungen und so weiter. Wenn irgendeiner aussteigt, dann läßt Brown ihn ersetzen durch einen neuen Mann, der unbekannt ist und um den Job kämpft, jemand, der wirklich den Durchbruch braucht. Uncle James — er kümmert sich um alle.

Wenn er mit weißen Journalisten spricht, hält er sich zurück. Nicht böse ist er oder grob, nur immer auf der Hut. Er kann hilfreich sein, überaus galant, aber er bietet sich nicht an. Warum sollte er auch? Er braucht uns nicht. Wir zählen nicht.  - (awop)

 

Onkel

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme