Nichts vergißt er, man muß den Ohrenzeugen sehen, wenn die Zeit gekommen ist, damit herauszurücken. Da ist er ein anderer, da ist er doppelt so dick und um zehn Zentimeter größer. Wie macht er das nur, hat er eigens hohe Schuhe zum Ausplaudern? Stopft er sich etwa mit Kissen aus, damit seine Worte schwerer und wichtiger erscheinen? Er tut nichts dazu, er sagt es ganz genau, manch einer wünscht sich, er hätte damals geschwiegen. Da sind alle diese modernen Apparate überflüssig: sein Ohr ist besser und treuer als jeder Apparat, da wird nichts gelöscht, da wird auch nichts verdrängt, es kann so schlimm sein wie es will, Lügen, Kraftworte, Flüche, Unanständigkeiten jeder Art, Schimpfworte aus abgelegenen und wenig bekannten Sprachen, selbst was er nicht versteht, merkt er sich genau und liefert es unverändert aus, wenn es gewünscht wird.
Der Ohrenzeuge ist durch niemanden zu bestechen. Wenn es um diese Nützlichkeit
geht, die er allein hat, nähme er keine Rücksicht auf Frau, Kind oder Bruder.
Was er gehört hat, das hat er gehört, daran könnte kein Herrgott rütteln. Aber
er hat auch menschliche Seiten, und wie andere ihre Feiertage haben, an denen
sie sich von der Arbeit ausruhen, läßt er manchmal, wenn auch selten, die Klappen
über seine Ohren fallen und verzichtet auf die Speicherung von Gehörtem. Das
geschieht ganz einfach, indem er sich bemerkbar macht, er blickt den Leuten
ins Auge, was sie unter solchen Umständen sagen, ist ganz uninteressant und reicht nicht dazu aus, sie ans Messer zu liefern. Wenn er die Geheimohren
abgelegt hat, ist er ein freundlicher Mensch, jeder traut ihm, jeder trinkt
gern mit ihm ein Glas, harmlose Sätze werden gewechselt. Niemand ahnt dann,
daß es der Henker persönlich ist, mit dem er spricht. Es ist nicht zu glauben,
wie unschuldig Menschen sind, wenn sie nicht belauscht werden. - (can)
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