daliske

 

 

- Jean-Auguste-Dominique Ingres

Odaliske  (2)

Odaliske (nach Paul Wunderlich)

- Paul Wunderlich

Odaliske  (3) »Sie hat etwas anderes an. Sieht aus wie ein Unterhemd, aber sie verwendet es als Kleid.«

»Da schau mal an«, kommentiert leise der Präfekt. »Ein Unterhemd! Aber eins für Männer? Oder wofür sonst?«

»Nein, es ist wie ein Ballkleid. Ein Damenballkleid und glänzend.«

»Ein Ballkleid? Unglaublich.«

»Und wie sie frisiert ist! Das müßten Sie sehen. Man kann nicht erkennen als was.«

Und ich beschreibe ihm die Einzelheiten: Sie hat zwei dünne Träger, sie cremt sich ein, sie legt sich ein Netz über den Kopf, sie schaut, wie sie im Spiegel aussieht, sie hebt das Gesicht hoch und schaut ihren Hals an, dann die Ohren, sie probt ihren Gesichtsausdruck, mit dem Mund und mit den Augenbrauen.

Den Präfekten höre ich unten am Baumstamm sagen, das sei eine totale Bestätigung, wir hätten ein unglaubliches Glück; und wenn ich schweige, hört er nicht auf, mich immer wieder zu fragen: »Was sehen Sie, Savini? Was macht sie?«

»Ah jetzt, jetzt«, sage ich, »Na sowas! Jetzt hat sie auch dieses Kleid ausgezogen.«

Und er: »Aber nein! Wie viele Schichten hat es?« wispert er. »Ist sie noch nicht am Ende?« »Nein, es ist noch etwas übrig.«

»Das müssen auswechselbare Uniformen sein«, sagt er fast für sich. »Und jetzt?«

»Sie hat Gummibänder über dem Rücken! Und ein Häkchen aus Eisen, glaube ich.«

»Ein Häkchen! Aber warum? Ist es irgendwo verankert?« »Nein, das Häkchen hält einen Streifen. Der ist irgendwie eng über den Magen gebunden.«

»Offenbar besteht die Gefahr, dal? sie auseinanderfällt. Aber sind Reißverschlüsse da oder andere Häkchen?«

»Das weiß ich nicht, um den Bauch hat sie einen Gürtel, an dem hängen Schleifen dran. Nein, da sind die Strumpfe festgemacht, mit den Beinen drin.«

»Das werden diese Schleierstrümpfe sein. Die ziehen die Frauen ja an. Aber darunter, unter den Strümpfen?« »Da ist sie weiß, ganz weiß«, und ich schaue hin, denn diese Entdeckung hat mich in gewissem Sinn getroffen und angesteckt. »Es ist eine weiße Substanz, anders als die, die sie im Gesicht hat.«

»Ist es Gips?« fragt verblüfft der Präfekt und schreit, so daß man uns beinahe hören könnte.

»Nein«, flüstere ich, »bitte leise; sieht aus wie die Farbe von Kerzenwachs oder Zelluloid; ich weiß nicht, man müßte es spüren, anfassen und berühren.«

Dann verstumme ich, denn ich betrachte das Schauspiel genauer, das mich anzieht wie ein Magnet, aber mir auch Ein-t druck macht und das Herz beklemmt. Aber der Präfekt ist ungeduldig: »Na und?«

»Und sie sind aber gut gebaut, würde ich sagen. Sie sind rund. Und unten werden sie schmäler. Es sind sogar schöne Beine, auf ihre Art.«

Und ich versuchte sie halblaut zu beschreiben: oben bliesen sie sich auf, und zwar ziemlich; und gingen über die Hüfte hinauf, dann kam die Taille, die eine Einbuchtung hatte.

»Aha«, sagte der Präfekt, »wenn man sie also anschaut, sind sie ganz normal?«

»Meiner Meinung nach noch besser. Sie sind ziemlich in Ordnung meiner Meinung nach. Außerdem sieht man, sie hat einen Nabel

Und ich füge hinzu: »Wissen Sie? Wenn ich sagen müßte, wie sie aussieht?« Und ich suchte nach einem Ausdruck, der es ohne viele Worte und halblaut wiedergeben könnte. »Ich hab's, eine Odaliske; sie sieht genauso aus wie eine Odaliske.«   

»Nein? Verrückt«, antwortet der Präfekt und kichert. »Wer weiß, was sie heute noch unternehmen muß!« Und ich höre, daß der Bock unter ihm knarrt.

»Aber«, sage ich, »in der Farbe ist sie haargenauso wie die Hühner in den Geflügelläden, wenn sie gerupft sind. Haargenau gleich. Aber oben ist sie eine Odaliske.«

»Aha!« sagt der Präfekt und unterdrückt ein Lachen, »gut. Aber ist es ihre Haut oder ihr Maskenkostüm als Huhn?«

»Das müßte man prüfen. Aber ich sehe es nicht gut«, und ich erkannte es tatsächlich nicht. »Aber insgesamt ist der Effekt gut. Man denkt an weißes Fleisch«, sage ich, »an Quark.«  - (mond)

 

Harem

 

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