berdada  Je mehr die Kritiker schäumten, um so böser wurden wir. Wir machten Umzüge in den Straßen Berlins, wir trugen Puppen, abstrakte Skulpturen, Tische, Stühle, Kleidungsstücke, uns selbst. Wir sangen, weinten, heulten, wir schrien uns an und wir schrien das glotzende Publikum an.

Ein komischer Mann stieß zu uns, Johannes Baader. Er nannte sich den Oberdada. Er ging in den Dom am Schloß, stellte sich während des Gottesdienstes auf die Galerie und schrie in die betende Versammlung:

»Was ist Christus dem gemeinen Mann. . .?«

Und dann beantwortete er seine eigene Frage, als schon die entsetzten Kirchendiener nach seinen Handgelenken angelten, um ihn hinauszusetzen:

»Er ist ihm wurscht. . . !«

Das war fast so schlimm wie die Zeilen, die Ball damals über die Jungfrau Maria in der ›Revolution‹ geschrieben hatte:

Du bist gebenedeit unter den Weibern. . .
Mir aber rinnt der geile Brand an den Beinen herunter. . .

  - Richard Huelsenbeck, Reise bis ans Ende der Freiheit. Autobiographische Fragmente. Heidelberg 1984

Oberdada (2)   Mit Hilfe von Raoul Hausmann hat sich  Baader im Sommer 1918 die Briefbogen der in Berlin-Charlottenburg, Kantstr. 118, eingerichteten "CORRESPONDENZ DADA" verschafft und darauf am 29. Juli 1918 das große Manifest an die Berliner Presse gerichtet, das die Berliner "BZ am Mittag" am 30. Juli 1918 unter der Riesengalop und Dadaschlagzeile abdruckte:

"Die Dadaisten fordern die Nobelpreise" und worin es hieß:

"Der Club Dada, das einzige Institut für Humor in unserer traurigen Zeit, hat einen neuen Spaß ersonnen. Er verlangt alle fünf Nobelpreise für den Dadaisten Baader, als Entgelt für die acht Sätze, deren erster lautet:

"Die Menschen sind Engel und leben im Himmel."

Die Berliner "Weltbühne" glossierte den Text und erklärte: "Das ist mehr als Hülsenbecks und Hausmanns Dada, das ist Oberdada!"

Kaum war Baader in den Besitz dieser Glosse gekommen, als er zum Drucker ging und sich Briefbogen drucken ließ. - Johannes Baader, Das Oberdada. Siegen 1987 (Vergessene Autoren der Moderne XXXI. Hg. Karl Riha)

Oberdada (3)  Hans Richter: "Mit seiner vor nichts zurückschreckenden Rebellion" erscheint ihm Johannes Baader als der "maximale Ausdruck des Berliner Dada in der Zeit der Revolution 1918-19": "Seine Rebellion hatte nicht nur Methode, sondern auch Überzeugungskraft. Es war, als ob der plötzliche und völlige Auf- und Zusammenbruch aller bestehenden Ordnung seine Einbildungskraft verhundertfacht hätte. Das Chaos um ihn, um uns alle, schien die letzte, völlige Bestätigung einer Natur zu sein, die selbst in Auflösung war. Diese Bestätigung hielt ihn im Zustande einer ständigen, mir unheimlichen Euphorie, aus der das Ungehemmte in seiner reinsten Form ständig hervorbrach. Er war nicht eigentlich und auch nicht uneigentlich ein Künstler. Aber seine Persönlichkeit selbst hatte einen der Kunst verwandten, nämlich einheitlichen, geformten Ausdruck. Er war ein Besessener, dessen Spontaneität in dieser Zeit und in einer Gemeinschaft von Rebellen nicht nur angenommen, sondern auch bewundert wurde. Er war ein Stück Dynamit, das sich selbst in die Luft sprengte". - Nach: Karl Riha, Nachwort zu: Johannes Baader, Das Oberdada. Siegen 1987 (Vergessene Autoren der Moderne XXXI)

Oberdada (4)  

Der Präsident des Erdballs spricht...

- Aus: Nautilus Literarischer Taschenkalender 1988

 

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