bduktion  Jeder aufrichtige Pathologe wird zugeben, daß die künstlichen Veränderungen, die nach einer Autopsie entstehen, etwas Scheußliches sind. Die Chirurgie kennt keine Eingriffe am lebenden Patienten wie den T-förmigen Schnitt, der genauso aussieht, wie er heißt. Das Skalpell wird von beiden Schlüsselbeinen zum Brustbein geführt und dann, unter Umgehung des Nabels, senkrecht den Bauch entlang zum Schambein. Der Schnitt am Hinterkopf von einem Ohr zum anderen und das anschließende Aufsägen der Hirnschale sind genausowenig ein Vergnügen.

Da Wunden bei einem Toten natürlich nicht mehr heilen können, müssen sie mit hochgeschlossenen Spitzenkragen und entsprechenden Frisuren verdeckt werden. Mit dem dicken Make-up des Leichenbestatters und der breiten Naht in der ganzen Länge ihres schmalen Körpers sah Emily aus wie eine traurige Stoffpuppe, die, ihrer Rüschenkleider beraubt, von ihrer herzlosen Besitzerin einfach in einer Ecke vergessen worden war. - Patricia Cornwell, Das geheime ABC der Toten. München 1997 (zuerst 1995)

Obduktion (2) KAISER   Wenn man nun das verlängerte Mark, die medulla oblongata möglichst tief im Wirbelkanal durchschneidet, kann man mit der rechten Hand das gesamte Restgehirn herausheben.
SCHUBERT   Restgehirn, ein schöner Terminus.
KAISER   Außerdem — Sie haben recht, ein schönes Wort — außerdem ist es nun möglich, die vierte Kammer zu untersuchen und die sylvische Grube oder die Gehirnbodengefäße unter Augenmerk zu nehmen. Auch die Augen lassen sich jetzt ohne Schwierigkeiten herauslösen.
Ja, ich glaube, damit ist die Untersuchung des Gehirns abgeschlossen. Das nächste ist die Öffnung der Körperhöhlen, der übrigen Körperhöhlen. Wie war das? Einen Moment, ich muß mich erst erinnern. Jetzt weiß ich es.
Der Obduzent setzte das Skalpell knapp unter dem Kinn an, ungefähr in der Mitte des Halses, schnitt über die Brust, der Bauchlinie entlang, am Nabel vorbei bis zum Schambein. Durch einen zweiten Schnitt, unterhalb des Nabels horizontal ausgeführt, erleichterte er den Eintritt in den Körper. Zuerst löste er die Fetthaut in der Nähe des Schwertknorpels heraus und öffnete das Bauchfell. Durch die gebildete Öffnung führte er den Ring- und Mittelfinger der linken Hand ein, hob die Bauchwand an und schnitt das Bauchfell bis zur Schambeinvereinigung durch. Durch Querschnitte kann, so sagte der Arzt, das Bauchfell nun zur Seite geklappt werden. Die beiden unteren Lappen werden dabei an ihrer inneren Fläche mit Schnitten gekerbt und abwärts über die Darmbeine gelegt. Darauf — und das ist besonders schwierig — müssen die oberen Lappen fest mit der linken Hand gefaßt und über die Faust gespannt werden, um die Muskelschicht bis zu den Knorpeln der untersten Rippen ablösen zu können. Anschließend werden die Brustmuskel zusammen mit den Schlüsselbeinen ausgelöst. Die Öffnung der Brust wird durch ein Knorpelmesser vorgenommen, mit dem die Rippenknorpel in der Nähe der Vereinigung mit den Rippen durchschnitten werden.
Danach wird — glaube ich — das Brustblatt, nachdem das Zwerchfell losgelöst worden ist, nach aufwärts gegen das Gesicht der Leiche gehoben, die Brustfellsäcke und das Zellgewebe des Mittelfells von den Rippenknorpeln und dem Brustblatt getrennt, das Blatt aus der Verbindung mit dem Schlüsselbein gehoben und zur Seite gelegt. Allerdings — das habe ich vergessen — bevor das Brustblatt herausgenommen werden kann, muß der Knorpel der letzten Rippe gespalten werden. - Helmut Eisendle, Obduktion. In: H.E., Die Gaunersprache der Intellektuellen. Frankfurt am Main 1986
 
Leiche Untersuchung
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